Quereinsteiger mit Selbstironie: Carsten Meyer-Heder

Bremen (dpa) - Dem politischen Quereinsteiger Carsten Meyer-Heder ist geglückt, woran Generationen Bremer CDU-Politiker gescheitert sind. In der linken Hochburg Bremen hat der 58-jährige IT-Unternehmer die Union den Prognosen zufolge zur stärksten Kraft gemacht.

Wenn es ihm gelingt, mit Grünen und FDP eine Koalition zu bilden, könnte Meyer-Heder für die CDU erster Regierungschef des kleinsten Bundeslandes werden.

Als er am Sonntagabend vor seine frenetisch jubelnden Anhänger trat, erklang der Song «Abrissbirne» des Hiphoppers Peter Fox - für die Union eher untypisch. «Das ist ja mein erster Wahlkampf. Es ist aber ein historischer», rief Meyer-Heder in die Menge.

Mit dem Status als Quereinsteiger hatte er im Wahlkampf gepunktet. «Ich bin kein Politiker», betonte er. Er präsentierte sich als Macher, als «Problemlöser», wie es auf einem Plakat hieß. Als Mann, der nicht Politiker-Deutsch, sondern klares «Carsten-Deutsch» spricht.

Der schlaksige Zwei-Meter-Mann tritt locker auf, sein Humor ist norddeutsch-trocken. Kurz vor der Wahl nahm er Parteifreunde auf den Arm und sagte, er werde den entscheidenden Sonntag auf der Insel Wangerooge verbringen. Ganz ausgeschlossen schien das einigen nicht.

Auf Meyer-Heders selbstironische Art war auch seine Kampagne zugeschnitten. Die erinnerte in Tonfall und Design eher an den Autovermieter Sixt als an klassische CDU-Werbung. Selbst die markante Vollglatze des Kandidaten wurde zum Plakatmotiv: «In Bremen gibt's viele Birnen. Aber nur eine soll Bürgermeister werden», hieß es.

«Ich bin in den jugendlichen Jahren sicher nicht derjenige gewesen, der dem Prototyp eines CDU-Wählers entsprochen hat», schrieb er in seinem Vorstellungsbrief an die Partei 2018. Der Vater des Bremers war in der FDP. Er selbst tickte in jungen Jahren - damals noch mit langen Haaren und Vollbart - eher links. Er spielte Schlagzeug und lebte in einer Groß-WG im Bremer Szeneviertel rund um das Steintor.

Mit Ende 20 überstand Meyer-Heder eine Krebserkrankung. Dann sattelte der Ex-Wirtschaftsstudent auf Programmierer um, gründete 1993 seine eigene IT-Firma. Seine Unternehmensgruppe team neusta wuchs auf 1000 Mitarbeiter heran. Einen Betriebsrat gebe es nicht, weil seine Leute ohnehin zufrieden seien, sagte er im Wahlkampf. Das kam in Bremen mit seiner starken Tradition betrieblicher Mitbestimmung nicht überall gut an.

2018 gab er die Firmenleitung an einen Freund ab, weil er «mit den ganzen jungen Leuten nicht mehr mitreden» könne, aber auch wegen des Wechsels in die Politik. Gesellschafter der neusta wird er aber bleiben. Privat hat Meyer-Heder drei schulpflichtige Kinder, ist zum zweiten Mal verheiratet und lebt in einer Patchwork-Familie.

Der CDU trat der Unternehmer erst vor gut einem Jahr im Frühjahr 2018 bei, und die Bremer Union kürte ihn gleich mit 100 Prozent zum Spitzenkandidaten. Dem Landesvorsitzenden Jörg Kastendiek schien der Bewerber von außen der geeignete Mann, die festgefügten Verhältnisse aufzubrechen: Mehr als 70 Jahre SPD-Herrschaft und ebenso lange erfolglose Versuche der CDU, daran etwas zu ändern. Kastendiek starb zwei Wochen vor der Wahl, und Meyer-Heder sagte zu seinem Gedenken: «Dass ich überhaupt hier stehe, ist im wesentlichen Jörgs Verdienst.»

Trotz der langen Leitungserfahrung und der demonstrativen Lockerheit ist freies Reden Meyer-Heders Sache nicht. Auch in den Sachthemen seiner Partei wie Bildung, Wirtschaft, Innere Sicherheit war er zu Beginn des Wahlkampfs nicht immer sattelfest. Doch wenn er erst Bürgermeister sei, werde er sprechfähig sein, versprach er.

Bürgerschaft / Landtag / Wahlen / Deutschland / Bremen
26.05.2019 · 20:55 Uhr
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