Quantencomputer: Google hat angeblich ein neues Computer-Zeitalter eingeläutet
Quantencomputer gelten als nächste große Entwicklung in Sachen Computertechnik. Aber der Fortschritt verläuft bislang eher schleppend. Das könnte sich nun ändern. Google hat verkündet, die sogenannte Quantenüberlegenheit erreicht zu haben. Dies würde bedeuten, dass ein neues Zeitalter der Computer begonnen hat.
Quantenüberlegenheit: Endlich werden Quantencomputer nützlich
Als Quantenüberlegenheit wird der Moment beschrieben, in denen Quantencomputer mit Problemen umgehen können, an denen aktuelle Supercomputer sich die Zähne ausbeißen. In der Mitteilung von Google heißt es: „ Ein von Google entwickelter Chip, Sycamore genannt, konnte in 200 Sekunden eine Berechnung durchführen, für die der schnellste Supercomputer der Welt 10 000 Jahre gebraucht hätte.“
Quantencomputer haben ein enormes Potential. Theoretisch versprechen sie Rechenpower, von der wir heute nur träumen können. Sie unterscheiden sich wesentlich von herkömmlichen Computern. Letztere funktionieren nach den Prinzipien und Gesetzen der klassischen Physik: Sie haben binäre Bits, die entweder den Zustand 0 oder 1 annehmen können. Quantencomputer dagegen arbeiten nicht mit Bits, sondern mit Qubits, die auch gleichzeitig den Zustand 0 und 1 einnehmen und so Rechenoperationen nicht nacheinander, sondern parallel ausführen. Die Menge an Informationen, die ein Quantencomputer verarbeiten kann, ist der eines herkömmlichen Computers daher deutlich überlegen.
Allerdings hat die Sache einen Haken: Es erfordert einen großen technischen Aufwand, die Bedingungen zu erreichen und aufrecht zu erhalten, unter denen Qubits stabil funktionieren. Seit Jahrzehnten versuchen Forscher daher, praxistaugliche Quantencomputer zu entwickeln. Sollte dies eines Tages gelingen, so können die superschnellen Computer die Arbeit mit digitalen Systemen deutlich beschleunigen und erleichtern. IT-Sicherheitsexperten fürchten gar, dass kaum eine Verschlüsselung vor Quantencomputern sicher wäre.
Kritik von der Konkurrenz
Bisher waren solche Szenarien rein theoretischer Natur. Sollte es Google tatsächlich gelungen sein, einen Quantencomputer zu entwickeln, der nicht nur von wissenschaftlichem Nutzen ist, dann wäre es auch bis zu praktischen Quantenanwendungen nicht mehr weit.
Aber die Bekanntmachung von Google blieb nicht ohne Kritik. Das entsprechende Paper sickerte bereits im September durch, woraufhin IBM, ein Konkurrenzunternehmen von Google, das ebenfalls im Bereich der Quantencomputer arbeitet, Zweifel angemeldet, ob die von Google als Referenz verwendete Probleme wirklich so schwer zu lösen waren wie das Unternehmen behauptete. Für die Aufgabenstellung benötige ein moderner Supercomputer anders als von Google behauptet keine 10.000 Jahre, sondern lediglich etwas über zwei Tage. Ein Quantencomputer müsse aber, um Quantenüberlegenheit zu erreichen, Probleme lösen können, die für aktuelle Supercomputer unzugänglich bleiben. Mit den aktuellen Experimenten habe Google nur auf eindrucksvolle Art und Weise den Stand der Technik demonstriert, so die Kritik von IBM.
Auch der US-Physiker John Preskill, der vor gut sieben Jahren die Idee der Quantenüberlegenheit prägte, merkte an, dass Google für die Demonstration ein Problem gewählt habe, dass sich der Quantencomputer gut bewähren konnte. Dennoch bezeichnete er Googles Fortschritt als beeindruckende Leistung.