Prozess im Mordfall Lena ohne Öffentlichkeit

Aurich (dpa) - Mit einem stillen Gedenken an Lena hat am Montag der Prozess um den Mord an der Elfjährigen aus Emden begonnen. Schon kurz nach dem Auftakt schloss das Landgericht in Aurich die Öffentlichkeit aus - bis zum Urteil soll nun hinter verschlossenen Türen verhandelt werden.

Der 18-jährige geständige Angeklagte soll Lena vor fünf Monaten vergewaltigt haben. Danach habe er sie in einem Parkhaus in der ostfriesischen Stadt erwürgt. Dieses neue Detail zum Tod des Mädchens nannte Staatsanwältin Annette Hüfner am Montag in ihrer Anklageschrift.

Zu Beginn der Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter der Jugendkammer, Werner Brederlow, zu einem Moment des stillen Innenhaltens aufgerufen. So solle an den frühen und gewaltsamen Tod des kleinen Mädchens erinnert werden. Gerichtssprecher Jürgen Rohlfs bezeichnete das später als ungewöhnlich. «Die Strafprozessordnung sieht das nicht vor.» Das sei auch als Appell an die Medien gedacht gewesen. Nach Lenas Tod waren Journalisten aus ganz Deutschland nach Emden gekommen.

Den frühen Ausschluss der Zuschauer begründete der Richter mit dem Schutz des Opfers und der Angehörigen. Es gehe aber auch um den 18-jährigen Angeklagten, der zuletzt auch in Emden lebte. Bei ihm steht noch nicht fest, ob er nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt wird. «Die öffentliche Erörterung könnte seiner weiteren Entwicklung schaden», sagte Brederlow.

Die Grundschülerin Lena war am 24. März mit einem gleichaltrigen Freund zum Entenfüttern in die Emder Wallanlagen gefahren. Als der Junge allein nach Hause kam, machte sich Lenas Mutter auf die Suche. Im Treppenhaus des Parkhauses in der Innenstadt fand ein Wachmann später ihre Leiche.

Tagelang suchte eine 40-köpfige Mordkommission nach dem Mörder, der schemenhaft auf einen Überwachungsvideo zu sehen war. Schließlich konnten die Fahnder den 18-Jährigen festnehmen und anhand von DNA-Spuren überführen. Er hat den Mord zwar gestanden, aber bei der Polizei keine weiteren Details genannt. Am Montag verdeckte er sein Gesicht im Gericht zunächst hinter einem Aktenordner, bis die Kameras weg waren.

Bereits vier Monate vor dem Mädchenmord soll der Verdächtige versucht haben, eine Joggerin in Emden zu vergewaltigen. Die Frau konnte sich aber wehren und flüchten.

Für die Taten an Lena und der Frau muss sich der 18-Jährige nun vor der Jugendkammer verantworten. Am ersten Verhandlungstag sollten Lenas Eltern, ihr elfjähriger Freund und der Parkhauswächter als Zeugen aussagen. Am Rande des Prozesses wollte sich keiner der Beteiligten äußern.

Der Anwalt der Nebenklage, Bernhard Weiner, versuchte erfolglos durchzusetzen, dass Lenas Stiefvater zur Verhandlung zugelassen wird. Neben Lenas Mutter sind nur ihr jüngerer Bruder und die Joggerin als Nebenkläger vertreten. Nebenkläger können auch bei nichtöffentlichen Sitzungen dabei sein, sie dürfen Anträge und Fragen stellen. Brederlow sagte, sie sollten dem Opfer Gesicht und Stimme geben. Die Anwälte hatten aber schon angekündigt, dass weder der Bruder noch die Joggerin persönlich teilnehmen wollten.

Der Mord an Lena hatte in ganz Deutschland Bestürzung ausgelöst. Die Mordkommission nahm zunächst einen Berufsschüler fest, der sich aber schnell als unschuldig erwies. Eine Hetzjagd im Internet gegen den jungen Mann und Ermittlungspannen bei der Polizei sorgten für Schlagzeilen und Empörung.

Kurz nach der Festnahme des Angeklagten mussten die Ermittler einräumen, dass der Verdächtige der Polizei schon länger bekannt war. Er hatte sich im vergangenen November selbst angezeigt, weil er eine Siebenjährige nackt fotografiert hatte. Eine daraufhin vom Amtsgericht in Hannover angeordnete Hausdurchsuchung wegen des Verdachts der Kinderpornografie lieb monatelang unbearbeitet liegen.

Das Landgericht in Aurich hat bis Anfang November zehn weitere Verhandlungstage angesetzt. 17 Zeugen sind geladen. Am Ende des Prozesses soll ein Psychiater beurteilen, ob der Angeklagte schuldfähig ist und ob er als Erwachsener oder Jugendlicher anzusehen ist. Seine Einschätzung wird eine entscheidende Rolle beim Strafmaß spielen. Bei einem Urteil nach Erwachsenenstrafrecht droht dem 18-Jährigen lebenslange Haft. Wendet die Kammer das Jugendstrafrecht an, müsste er maximal zehn Jahre hinter Gittern verbüßen.

Prozesse / Kriminalität
20.08.2012 · 17:57 Uhr
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