Politisches Erdbeben in Frankreich: Konservative Républicains erwägen Bündnis mit Rechtsnationalen
Die politische Landschaft in Frankreich steht vor einem einschneidenden Wandel. Der Vorsitzende der konservativen Républicains, Éric Ciotti, hat sich für ein Bündnis mit der rechtsnationalen Partei Rassemblement National (RN) ausgesprochen. Diese Entscheidung markiert eine bedeutende Abkehr von der bisherigen Politik der Républicains, eine klare Trennlinie zu den Extremrechten zu ziehen. In einem Interview mit dem Sender TF1 erklärte Ciotti, dass angesichts der bevorstehenden Neuwahlen der Nationalversammlung eine Allianz notwendig sei, um politischen Einfluss zu sichern.
Derzeit halten die Républicains 61 Sitze in der Nationalversammlung, während RN auf 88 Abgeordnete kommt. Trotz einer möglichen Allianz würde die kombinierte Sitzanzahl von 149 weit hinter der Mitte-Fraktion von Präsident Emmanuel Macron mit 250 Sitzen zurückbleiben. Für eine absolute Mehrheit im französischen Parlament sind 289 Sitze erforderlich, sodass die kommende Neuwahl entscheidend sein könnte. Sollten Macrons Gegner die Mehrheit gewinnen, wäre der Präsident gezwungen, einen Premierminister aus ihren Reihen zu ernennen.
Ciotti erläuterte weiter, dass es in bestimmten Wahlkreisen keine Gegenkandidaten der RN gegen Abgeordnete seiner Partei geben solle. Er räumte ein, dass die Républicains, die seit Jahren in einer Abwärtsspirale stecken, allein wenig Chancen gegen das Präsidentenlager und das Linksbündnis hätten. Innerhalb der Partei ist jedoch unklar, wie viele Mitglieder Ciottis Kurs unterstützen.
Dagegen sprach sich der prominente Regionalpräsident von Hauts-de-France, Xavier Bertrand, vehement gegen ein solches Bündnis aus und betonte, die republikanische Rechte habe nichts mit Extremismus zu tun. Auch der Fraktionsvorsitzende der Républicains, Olivier Marleix, forderte öffentlich den Rücktritt Ciottis und kritisierte, dieser spreche nur für sich selbst. Kritiker werfen Ciotti vor, die Trennlinie zwischen Konservativen und Rechtsnationalen zunehmend verwischt zu haben.
Jordan Bardella, Parteichef der RN, hatte zuvor offen zur Zusammenarbeit mit den Konservativen aufgerufen und signalisiert, dass seine Partei bereit sei, auch Kandidaten der Républicains zu unterstützen. Die Républicains verstehen sich traditionell als wirtschaftsfreundliche und proeuropäische Partei, während RN für eine migrationsfeindliche Politik und geringere Mitsprache von Brüssel steht.
Nach den verheerenden Ergebnissen für sein Mitte-Lager bei der Europawahl und dem klaren Sieg der Rechtsnationalen hat Präsident Macron die Nationalversammlung aufgelöst und Neuwahlen für den 30. Juni und den 7. Juli angekündigt. Der Präsidentenposten selbst steht jedoch nicht zur Disposition. (eulerpool-AFX)