Polestar Automotive: Chancen und Herausforderungen eines EV-Start-ups
Das auf Elektrofahrzeuge spezialisierte Unternehmen Polestar Automotive, einst ein Vorzeigeprojekt des Autogiganten Volvo, hat nach seinem Börsendebüt zahlreiche Anleger enttäuscht. Polestar, das im Juni 2022 durch die Fusion mit einer Special Purpose Acquisition Company (SPAC) an die Börse ging, startete mit einem Aktienkurs von 12,98 USD. Derzeit wird die Aktie jedoch nur noch für etwa 1,60 USD gehandelt.
Der Wertverlust von fast 90 Prozent ist auf Softwareprobleme und Engpässe in der Lieferkette zurückzuführen, die die Produktion behinderten. Auch die Konkurrenz und makroökonomische Herausforderungen zwangen Polestar dazu, seine Preise zu senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch die Frage bleibt: Kann diese angeschlagene Aktie in den nächsten drei Jahren ein Comeback erleben?
Einst ein Rennteam, das Volvos Fahrzeuge in Hochleistungsrennwagen verwandelte, wurde Polestar im Jahr 2015 von Volvo übernommen. Zwei Jahre später positionierten Geely und Volvo Polestar als eigenständige Marke für leistungsstarke Elektrofahrzeuge. Diese Umgestaltung führte zum Börsengang über ein SPAC.
Im Gegensatz zu vielen anderen SPAC-gestützten EV-Herstellern produziert Polestar bereits jährlich zehntausende Fahrzeuge. Im Portfolio befinden sich der Polestar 2 Fastback, der Polestar 3 SUV und das SUV-Coupé Polestar 4. Außerdem sind zwei neue Modelle, der Polestar 5 und der Polestar 6, für 2025 bzw. 2026 geplant.
Allerdings verlangsamt sich das Wachstum von Polestar. Nachdem die Auslieferungen 2022 um 80 Prozent auf 51.491 Einheiten gestiegen waren, wuchsen sie 2023 nur noch um 6 Prozent auf 54.626 Fahrzeuge. Das Unternehmen führt diese Verlangsamung auf Lieferkettenprobleme und Softwareprobleme zurück, die die Einführung des Polestar 3 von 2023 auf Anfang 2024 verzögern.
In der ersten Hälfte des Jahres 2024 sanken die Lieferungen um 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 20.371 Fahrzeuge. Jedoch stiegen die Lieferungen im zweiten Quartal um 82 Prozent im Quartalsvergleich. Polestar plant, in sieben neue Märkte bis 2025 zu expandieren und schätzt, dass es dann 155.000 Fahrzeuge ausliefern wird, unterstützt durch neue Produktionsstätten in den USA und Südkorea.
Diese Wachstumsraten positionieren Polestar vor anderen Luxus-EV-Herstellern wie der Lucid Group. Analysten erwarten, dass Polestar zwischen 2023 und 2026 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 61 Prozent erreichen und einen Umsatz von 9,9 Milliarden USD erzielen könnte.
Die Aktie wirkt preiswert, aber die Gründe dafür sind offensichtlich. Polestar musste seinen Jahresbericht 2023 verschieben, um einige Buchhaltungsfehler zu korrigieren, was zu einem Wechsel des Managements führte. Der neue CEO, Michael Lohscheller, hat zuvor bereits zwei umstrittene EV-Hersteller geleitet. Diese abrupten Veränderungen verunsicherten die Investoren.
Der Aktienkurs fiel zwischen Mai und August unter 1 USD und löste eine Delisting-Warnung von der Nasdaq aus. In den letzten Monaten hat sich der Kurs wieder erholt, bleibt aber volatil. Polestar hat die Preise seiner Fahrzeuge gesenkt und steht vor neuen Herausforderungen, wie den EU-Zöllen auf seine in China gefertigten Fahrzeuge, welche die Expansion in Europa erschweren könnten.
Die erheblichen Verluste und die negative Bilanz von Polestar wecken Zweifel an der Erreichung der ambitionierten Produktions- und Bruttomargen-Ziele. Daher könnte der Aktienkurs weiter sinken, bevor er als wahres Schnäppchen gilt.