Immer noch Dutzende Vermisste

«Niemand kommt» - Unmut in Spanien nach den Unwettern

31. Oktober 2024, 16:59 Uhr · Quelle: dpa
Nach den Überschwemmungen in Spanien
Foto: Víctor Fernández/EUROPA PRESS/dpa
Nur langsam wird das ganze Ausmaß sichtbar.
In einigen Orten scheint trotz der Zerstörung wieder die Sonne. Doch viele fühlen sich alleingelassen oder bangen um Vermisste. Die Opferzahl derweil klettert weiter. Gibt es Lehren aus der Tragödie?

Madrid (dpa) - Die warme Sonne am blauen Himmel trügt: In dem 10.000-Seelen-Ort Sedaví in der Provinz Valencia südlich der gleichnamigen Großstadt herrscht unter den Einwohnern derzeit nur Verzweiflung. Dort rauschte das Wasser durch die Straßen, zerstörte Häuser und türmte Autos auf, die jetzt Hauseingänge blockieren, sodass Bewohner ihre Wohnungen nicht verlassen können. 

«Ich kenne mindestens 30 Menschen, die beinahe ums Leben gekommen wären», sagt ein Anwohner sichtlich mitgenommen der Zeitung «El País». Ein anderer bricht im Beisein einer Reporterin des Staatssenders RTVE vor laufender Kamera fast in Tränen aus und sagt: «Niemand kommt, um die Autos wegzuziehen oder uns irgendetwas zu bringen. Man hat uns aufgegeben.» Die Menschen bräuchten Essen, Kleidung und Schaufeln, um selbst die Erdmassen wegschaufeln zu können. 

Suche nach Vermissten im Fokus

Die schweren Unwetter vom Dienstag hatten vor allem in der Mittelmeerregion Valencia gewütet. Allein in der gleichnamigen Provinz kamen 155 der bisher bestätigten 158 Menschen ums Leben. Auch andere bei Touristen beliebte Regionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sowie Kastilien-La Mancha im Landesinneren erlebten Stunden des blanken Entsetzens. 

Die extremen Niederschläge hatten binnen weniger Stunden zahlreiche Flüsse in reißende Ströme und Straßen in Flüsse verwandelt, die Häuser zerstörten und Bäume, Menschen sowie Fahrzeuge mit sich rissen. Der Wetterdienst Aemet sprach von einem «historischen Unwetter», dem schlimmsten der Art in der Region Valencia.

Nach der Bergung Dutzender weiterer Leichen am Donnerstag wurden Medien zufolge immer noch Menschen vermisst. Wie viele es sind, dazu geben die Behörden keine Zahlen bekannt. Verteidigungsministerin Margarita Robles sprach vormittags von «vielen Menschen», über deren Schicksal man noch gar nichts wisse. Danach wurden aber mehr als 60 neue Leichen entdeckt und geborgen. Die Identifizierung der Opfer stand noch aus. Die Suche nach Vermissten geht derweil weiter. Alleine mehr als 1.000 Soldaten sind dafür im Einsatz.

Debatte über besseren Hochwasserschutz - Bauwut am Pranger

Die Katastrophe hat eine Debatte darüber ausgelöst, wie sich solche Tragödien künftig verhindern lassen. Experten fordern eine umfassende Überprüfung und Verbesserung der Hochwasserschutzpläne. Die Situation in der Mittelmeerregion habe sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert, insbesondere durch das massive Bevölkerungswachstum, den Tourismusboom und die damit verbundene Bauwut. Zumal Extremwetterereignisse wie diese durch den Klimawandel immer wahrscheinlicher würden, heißt es.

Der Aktionsplan zur Verhütung von Hochwasserrisiken wurde in Valencia zuletzt 2015 aktualisiert. Dort wird festgehalten, dass zwölf Prozent der sogenannten Autonomen Gemeinschaft (entspricht einem Bundesland in Deutschland) mit 600.000 Bewohnern hochwassergefährdet sind. José Vicente Sánchez Cabrera, Professor für Raum- und Stadtplanung an der Universität Valencia, sieht dringenden Handlungsbedarf, da das Risikogebiet inzwischen viel größer sei: «Man muss die Pläne aktualisieren», forderte er.

In der betroffenen Region gibt es inzwischen eine sehr hohe Dichte etwa an Straßen und Eisenbahnlinien, die quer zu Flüssen verlaufen und deshalb bei Überschwemmungen einen Staueffekt verursachen. Die überschwemmten Dörfer liegen links von der Autobahn, und die Infrastruktur stellt eine Blockade dar, so Jorge Guillén vom Spanischen Nationalen Forschungsrat (CSIC). Zur Entschärfung der Lage schlagen Experten vor, die neuen und größeren Risiken bei der Stadtplanung stärker zu berücksichtigen sowie naturbasierte Maßnahmen wie das Anpflanzen von Ufervegetation.

Wurde zu spät gewarnt?

Diskutiert wurde auch über die Frage, ob die Behörden die Bürger zu spät gewarnt haben. Fest steht: Der Wetterdienst Aemet rief bereits am Dienstagmorgen gegen 7.30 Uhr die höchste Warnstufe aus, was sehr hohe Gefahr bedeutet. Und Medien berichteten groß darüber. Aber es stimmt auch, dass die Warnungen des Zivilschutzes am Dienstag erst kurz nach 20 Uhr an die Handys aller Menschen in der Region Valencia gingen. Dabei habe es aber schon Stunden vorher zu regnen begonnen, merkten Kritiker und Medien an.

Aber die meisten Medien, die Experten und Politiker sind sich einig: Für Schuldzuweisung und Aufarbeitung der Verantwortlichkeiten ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, wie unter anderem Valencias Regionalpräsident Carlos Mazón betonte. 

Sein Amtskollege in Kastilien-La Mancha, Emiliano García Page, meinte: «Wer glaubt, eine Zauberformel zu haben, um Naturkatastrophen vorherzusehen, begeht ein großes Unrecht. Und vor allem erzeugt er Angst und Wut in schwierigen Zeiten.» Zahlreiche Experten erklärten unisono, man könne die Entwicklung eines solchen Unwetters nicht vorhersehen, da sich die Lage aufgrund der verschiedenen einwirkenden Faktoren oft nahezu minütlich ändere.

Wetter / Unwetter / Notfall / Spanien
31.10.2024 · 16:59 Uhr
[4 Kommentare]
Bundestag
Berlin (dpa) - Der Bundestag hat in seiner ersten Plenarsitzung nach dem Ampel-Aus über einen Antrag mit dem Titel «Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken» beraten. Der Inhalt des Antrags, den SPD, Grüne, FDP und Union gemeinsam erarbeitet haben, ist zwar nicht rechtsverbindlich, dürfte aber politische Wirkung entfalten. Mit dem Antrag werde […] (00)
vor 9 Minuten
Diese Brennstoffzelle gewinnt Strom direkt aus Ammoniak
Wasserstoff wird als ein vielversprechender Energieträger für eine nachhaltige Zukunft angesehen, allerdings stellt der Transport und die Speicherung eine Herausforderung dar. Die Nutzung von Ammoniak als chemischer Zwischenspeicher für Wasserstoff könnte diese Probleme lösen. Am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS wurde eine neue Lösung entwickelt: Ein […] (00)
vor 15 Stunden
Computermaus an einem Arbeitsplatz
Berlin (dpa/tmn) - Kummer mit der Maus. Das kommt dann und wann vor. Ganz gleich, ob man am Notebook-Touchpad arbeitet oder ganz klassisch mit einem Tastengerät auf dem Tisch herumschiebt. Aber was tun, wenn die Maus die Befehle verweigert, ein seltsames Eigenleben entwickelt und die kontrollierte Arbeit am Rechner zu einem Glücksspiel werden lässt? Die "Computerbild" hat folgende fünf […] (00)
vor 6 Minuten
keyboard, technology, office
Red Dead Redemption 2, das von Rockstar Games entwickelt wurde, hat seit seiner Veröffentlichung am 26. Oktober 2018 weltweit über 67 Millionen Einheiten verkauft. Diese beeindruckende Zahl spiegelt den anhaltenden Erfolg des Spiels wider, das für Plattformen wie PS4, Xbox One und PC verfügbar ist. Zusammen mit dem Vorgänger der Serie, Red Dead Redemption, hat die gesamte Serie weltweit über 92 […] (00)
vor 2 Stunden
Das Duell um die Geld soll sich ohne Joko & Klaas-Umfeld beweisen
Das Poker-Quiz, das auf Joyn sein Comeback feierte, wird immer montags auf ProSieben gesendet. Die Programminvestitionen in den Streamingdienst Joyn wirken sich inzwischen stark auf das ProSieben-Programm aus. In den kommenden Wochen schafft es der Unterföhringer Sender seine Primetime Von Montag bis Donnerstag und am Samstagabend – an den beiden anderen Wochentagen setzt ProSieben auf Filme – bis Mitternacht fast vollständig mit […] (00)
vor 1 Stunde
Bayern München - Benfica Lissabon
München (dpa) - Jamal Musiala ist ein Zauberer am Ball. Mit den Füßen. Doch plötzlich ist der Nationalspieler beim FC Bayern München auch zu einem Kopfball-Ungeheuer geworden. Was ihn selbst am meisten erstaunt, wie er nach dem 1: 0 (0: 0) gegen Benfica Lissabon zugab. «Ich weiß nicht, was gerade mit meinem Kopfball los ist», sagte der 21-Jährige lachend. Der Ball sei jetzt gleich mehrmals gut auf […] (01)
vor 5 Stunden
Bundestag
Berlin (dpa) - Nach dem Bruch der Ampel-Koalition trifft sich Bundeskanzler Olaf Scholz heute Mittag mit Oppositionsführer Friedrich Merz im Kanzleramt, um über das weitere Vorgehen bis zu einer Neuwahl zu beraten. Scholz will die Vertrauensfrage im Bundestag erst am 15. Januar stellen und dann eine vorgezogene Bundestagswahl Ende März herbeiführen. Merz ist das zu spät. Er hat Scholz aufgefordert, die Vertrauensfrage […] (05)
vor 3 Minuten
Neue Bildungsoffensive für die deutsche Chipindustrie
Kaiserslautern, 07.11.2024 (PresseBox) - Die Hochschule Kaiserslautern ist Gründungspartner und Vorreiter im bundesweiten Leitprojekt „Fachkräfte für die Mikroelektronik: skills4chips“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den Aufbau einer nationalen Bildungsakademie für die Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik – die Microtec Academy. Mehr Chips „made in Europe“ heißt […] (00)
vor 1 Stunde
 
FDP im Sinkflug: Umfrage sieht Lindner als Risiko für die Ampel-Koalition
Drei Prozent. So tief ist die FDP in der aktuellen Forsa-Umfrage gefallen, und das lässt kaum […] (01)
Christoph Meyer (Archiv)
Berlin - FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer hat das Aus der Ampel-Koalition gerechtfertigt. […] (02)
Autoproduktion (Archiv)
Berlin - Die reale (preisbereinigte) Produktion im Produzierenden Gewerbe ist nach vorläufigen […] (00)
Marco Buschmann (Archiv)
Berlin - Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) darum […] (01)
42,3 Millionen Menschen sahen die US-Berichterstattung
SEO Blog Tipps SEO Blog Tipps für 2023 Suchmaschinenoptimierung (SEO) bleibt auch im Jahr 2023 von […] (00)
keyboard, technology, office
Die neuesten Wertungen der japanischen Famitsu für die genannten Spiele zeigen eine positive […] (00)
Pferderennen in Frankreich werden bestreikt
Paris (dpa) - Selbst im streikfreudigen Frankreich hat es das noch nicht gegeben: Die […] (00)
Luca Hänni
Beispiel Artikel Willkommen zu unserem Blog Das Thema SEO ist heutzutage wichtiger denn je. […] (01)
 
 
Suchbegriff