Niedriglohn-Aufstockung kostet Staat Milliarden

Berlin (dpa) - Zur Aufstockung von Niedriglöhnen und geringen Einkommen haben die Steuerzahler seit dem Start von Hartz IV mehr als 50 Milliarden Euro aufbringen müssen.

Dies berichtet die «Frankfurter Rundschau» (Donnerstag) unter Berufung auf Zahlen aus dem Bundesarbeitsministerium. Opposition, DGB und Arbeitslosengruppen bekräftigten ihre Forderung nach einem Mindestlohn, damit nicht länger der Steuerzahler für «Dumpinglöhne skrupelloser Unternehmer» aufkommen müsse.

Das Arbeitsministerium bezeichnete dagegen die Behauptung als «hanebüchen und unhaltbar», der Staat könne diese Summe durch die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne einsparen. Für die zusätzlichen Hilfen sei nicht die Höhe des jeweiligen Stundenlohnes entscheidend, sondern das Einkommen insgesamt sowie auch die Frage, wie viele Personen davon leben müssten.

So sei in 2009 nur ein Viertel aller Leistungen für Aufstocker an Vollzeitbeschäftigte gezahlt worden. Mehr als jeder zweite Aufstocker gehe einer geringfügigen Beschäftigung nach und verdiene weniger als 400 Euro - der Großteil davon liege wiederum nahe bei 100 Euro. So könne jemand auch bei einem Stundenlohn von 12 Euro Aufstockung verlangen, wenn die Stundenzahl insgesamt zu niedrig sei.

Laut Zeitungsbericht sind die Aufwendungen für die Aufstocker seit Jahren kontinuierlich gestiegen - von acht Milliarden Euro 2005 auf elf Milliarden 2009. Die Daten seien von Linksparteichef Klaus Ernst aus dem Ministerium abgefragt worden.

Ernst sagte: «Wenn die Bundesregierung den Unternehmen weiterhin derartig hemmungslos Steuergelder hinterher wirft, da sie einen Mindestlohn verweigert, stellt dies einen eklatanten Missbrauch von Sozialleistungen dar.» Das «Jobwunder» der Bundesregierung basiere zunehmend auf den mit Steuermitteln subventionierten Niedriglöhnen.

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sprach von einem «Skandal, dass die Steuerzahler jährlich mit Milliarden Euro Armutslöhne aufstocken müssen, weil Frau von der Leyen sich aus ideologischen Gründen verweigert, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Und es ist eine Schande, dass Menschen, die Vollzeit arbeiten, so etwas zugemutet wird.» Diese Form der Lohnsubventionierung verzerre den Wettbewerb zwischen Unternehmen und belastet den Bundeshaushalt in Milliardenhöhe.

Für die Grünen sprach ihre Arbeitsmarktpolitikerin Brigitte Pothmer von einem «erschreckenden Armutszeugnis». «Skrupellose Unternehmer zahlen Hungerlöhne und nutzen die Zahlung eines staatlichen Ersatzgehalts zur Steigerung ihres Gewinns. Das ist unsozial und unmoralisch.»

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte: «Armut trotz Vollzeitarbeit nimmt zu.» Die Zahl der vollzeitbeschäftigten Aufstocker habe sich in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht und damit auch die Zunahme von Niedrigstlöhnen begünstigt. «Die Subvention der Arbeitgeber ist eine Fehlentwicklung, die den Haushalt des Bundes immer mehr belastet.» Während der Staat indirekt die Arbeitgeber in hohem Maße subventioniere, stehe für die Förderung von Kindern nicht genug Geld bereit.

Vor der Einführung von Hartz IV habe es lediglich unter 50 000 Vollzeitbeschäftigte gegeben, deren Einkommen aufgestockt werden musste, heute seien es 355 000, sagte Buntenbach weiter. Über drei Millionen Erwerbstätige arbeiteten inzwischen für einen Stundenlohn unter 7 Euro. In keinem Land Europas habe sich der Niedriglohnsektor stärker ausgebreitet als in Deutschland.

Arbeitsmarkt / Soziales
12.08.2010 · 16:19 Uhr
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