Nachtragsetat treibt Neuverschuldung auf Rekordhöhe

Berlin (dpa) - Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) will mit neuen Milliarden-Krediten die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise dämpfen. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch den Entwurf für einen zweiten Nachtragsetat.

Er sieht für dieses Jahr eine Rekord-Neuverschuldung von 47,6 Milliarden Euro vor - das sind fast elf Milliarden Euro mehr als zuletzt veranschlagt. Damit sollen die dramatisch wegbrechenden Steuereinnahmen und deutliche Mehrkosten vor allem für den Arbeitsmarkt und die Sozialkassen aufgefangen werden.

Die Neuverschuldung des Bundes dürfte am Ende jedoch noch weit größer ausfallen. So kommen noch Milliardenlasten aus dem zweiten Konjunkturpaket und den Banken-Hilfen hinzu. Wie viele Schulden der Bund tatsächlich machen wird, ist wegen des unsicheren weiteren Verlaufs der Krise nicht absehbar. Die Opposition warf der der Koalition vor, sie lege einen «Wahlkampf-Haushalt» vor. Die FDP forderte eine sofortige Haushaltssperre und Milliarden-Einsparungen.

Steinbrück sagte zu den höheren Schulden: «Das ist beklagenswert.» Die Regierung könne in der tiefsten Wirtschaftskrise in der bundesdeutschen Geschichte aber nicht die Hände in den Schoß legen. Sie versuche, mit kreditfinanzierten Konjunkturprogrammen die «Situation zu erleichtern». In der gegenwärtigen Situation dürfe der Staat nicht dazu beitragen, die Krise durch weitere Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen noch zu verschärfen.

Der Minister ließ offen, wie groß das Defizit am Ende sein könnte. Die weitere Konjunkturentwicklung sei nicht vorhersehbar. Es werde erst am Ende abgerechnet. Dann werde sich zeigen, ob und in welcher Höhe staatliche Bürgschaften fällig werden und wie viel Mittel 2009 aus dem Fonds für das zweite Konjunkturpaket abfließen.

Neben der Neuverschuldung schlägt auch die Kreditaufnahme für die Sondervermögen «Finanzmarktstabilisierungsfonds» und «Investitions- und Tilgungsfonds» zu Buche. Das Finanzministerium hatte die für 2009 zu erwartende Gesamtverschuldung vor Wochen auf 70 bis 80 Milliarden Euro beziffert. Die Opposition geht von 100 Milliarden Euro aus.

Die neuen Schulden ergeben sich vor allem wegen der Steuerausfälle und Mehrausgaben für Langzeitarbeitslose. Allein die Mehrbelastung für das Arbeitslosengeld II und die Unterkunftskosten der Hartz-IV-Empfänger beträgt 1,6 Milliarden Euro. Hinzu kommt ein Darlehen von 4 Milliarden Euro für den Gesundheitsfonds. Die Bundesagentur für Arbeit erwartet, dass ihr Finanzpolster bis Jahresende aufgezehrt sein wird. Auch für 2010 zeichnen sich weiter steigende Schulden ab.

Die bisher höchste Nettokreditaufnahme des Bundes gab es mit rund 40 Milliarden Euro im Jahr 1996 unter dem damaligen Finanzminister Theo Waigel (CSU). Die Linkspartei kritisierte, der Nachtragsetat diene «weniger der Krisenbekämpfung als dem Wahlkampf».

Die FDP nannte Steinbrück «Gipfelstürmer bei der Verschuldung». Ursache für die hohe Neuverschuldung sei nicht allein die Krise, sondern «ebenso maßlose Ausgabensteigerungen der vergangenen Jahre». Ohne in Leistungsgesetze einzugreifen und Investitionen zu kürzen, müsse es angesichts eines Haushalts von 303,2 Milliarden Euro möglich sein, Einsparungen von 5 bis 7 Milliarden Euro zu realisieren.

In der Auseinandersetzung um eine Schuldenbremse für Bund und Länder haben 64 Hochschulprofessoren einen Stopp der Pläne verlangt. «Die Schuldenbremse gefährdet die gesamtwirtschaftliche Stabilität und die Zukunft unserer Kinder», heißt es in dem Appell, über den die «Süddeutschen Zeitung» (Mittwoch) berichtet. Initiatoren seien der Wirtschaftsweise und Volkswirtschaftsprofessor Peter Bofinger und der Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn. Sie kritisieren, dass die Schuldenbremse künftig Investitionen zum Beispiel in Bildung verhindere.

Haushalt / Kabinett
27.05.2009 · 22:07 Uhr
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