Nach Lara Mias Tod: Geldstrafe für Betreuerin

Hamburg (dpa) - Nach dem Tod des völlig abgemagerten Babys Lara Mia in Hamburg muss ihre Betreuerin aller Voraussicht nach eine Geldstrafe von 2700 Euro zahlen. Das Amtsgericht Harburg kündigte am Dienstag einen Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 30 Euro an.

Wenn die Sozialarbeiterin innerhalb von zwei Wochen keinen Einspruch einlegt, wird die Strafe rechtskräftig. Die 59-Jährige kam wegen ihrer angeschlagenen Gesundheit nicht zum Prozess.

Die Mitarbeiterin des Rauhen Hauses, eines Trägers der Jugendhilfe, hatte die Familie noch wenige Tage vor Lara Mias Tod besucht - und erklärt, das Kind sei wohlauf. Als das Mädchen im März 2009 starb, wog es aber nur noch 4,8 Kilo. Für ein neun Monate altes Baby wäre das Doppelte normal gewesen. Die genaue Todesursache blieb allerdings unklar: Rechtsmediziner konnten auch einen plötzlichen Kindstod nicht ausschließen.

Lara Mias Mutter und ihren früheren Lebensgefährten verurteilte das Hamburger Landgericht bereits Mitte Juli zu Bewährungsstrafen. Die heute 19-Jährige erhielt eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung, ihr drei Jahre älterer Ex-Freund eine Bewährungsstrafe von neun Monaten. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Revision ein. In der Urteilsbegründung hatte der Vorsitzende Richter auch den Behörden in der Hansestadt Versagen vorgeworfen.

Zu einer öffentlichen Hauptverhandlung über die Rolle der Betreuerin kam es am Dienstag aber nicht. Im Gerichtssaal ging es ausschließlich um den Strafbefehl - um das Verfahren trotz ihrer Abwesenheit abzuschließen. Viele Fragen - etwa zur Verantwortung der Hamburger Behörden - bleiben damit offen. Die Sozialarbeiterin hatte die junge Familie im Auftrag des Jugendamts betreut.

Bei einem Strafbefehl wird die Angeklagte so behandelt, als habe sie die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gestanden. Die nicht vorbestrafte Frau war wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen angeklagt. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hatte sie die dramatische Gewichtsabnahme des Mädchens zwar bemerkt, «aber nicht die erforderlichen Maßnahmen gegen die das Leben des Kindes gefährdende Mangelernährung ergriffen».

Der Amtsrichter hält einen Strafbefehl gegen die Betreuerin auch deshalb für angemessen, weil sie in besonderer Weise unter den Folgen der Tat leide - sowohl persönlich als auch finanziell. Seit Lara Mias Tod sei sie arbeitsunfähig und lebe von Krankengeld. Gerichtssprecher Conrad Müller-Horn wies zudem darauf hin, ein Strafbefehl bedeute nicht, dass eine mildere Strafe ergehe. «Es ist keineswegs so, dass mit einem Strafbefehl ein Strafnachlass einhergeht.»

Der Verteidiger der Sozialarbeiterin erklärte nach dem kurzen Gerichtstermin, die Frau habe Fehler gemacht - damit müsse sie sich ihr Leben lang auseinandersetzen. Seit dem Tod des Kindes gehe es ihr sehr schlecht.

Die Deutsche Kinderhilfe kritisierte den angekündigten Strafbefehl scharf. Dies sei «ein weiteres nicht mehr nachzuvollziehendes Vorgehen eines deutschen Gerichtes im Falle einer Kindstötung», klagte der Vorstandsvorsitzende Georg Ehrmann. «Als letztes Glied der Kette wird die Sozialarbeiterin kriminalisiert und durch einen Strafbefehl verurteilt, ohne dass die Systemprobleme, die ebenfalls mitursächlich für den Tod von Lara Mia waren, entlastend geklärt werden können.» Damit sei die Chance vertan, «Verantwortlichkeiten zu klären, um für die Zukunft derartige Versäumnisse zu vermeiden».

Prozesse / Kriminalität / Kinder
17.08.2010 · 16:52 Uhr
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