Merkel warnt vor EU-Zerfall

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der dramatischen Schuldenkrise der Euro-Länder vor einem Zerfall der Europäischen Union gewarnt. «Scheitert der Euro, dann scheitert Europa», sagte sie im Bundestag.

Das von Deutschland im Alleingang beschlossene Verbot bestimmter Spekulationen mit Finanzaktien und Staatsanleihen verunsicherte weltweit die Aktienmärkte. Die wichtigsten Indizes in Frankfurt, London, Paris, Tokio und New York büßten kräftig ein. Die Marktprofis fürchten nun Steuern auf Finanzgeschäfte. Der Euro rutschte zeitweise auf den tiefsten Stand seit April 2006.

Merkel verknüpfte in ihrer Regierungserklärung das Schicksal der Gemeinschaftswährung mit Frieden und Wohlstand auf dem Kontinent. «Die Währungsunion ist eine Schicksalsgemeinschaft. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Bewahrung der europäischen Idee.»

International will sich Merkel für eine Finanztransaktionssteuer einsetzen. Die SPD ließ offen, ob sie am Freitag dem gigantischen Rettungspaket für den Euro im Bundestag zustimmen wird. Die Grünen machen ihr Ja davon abhängig, dass die Rechte des Parlaments bei den Milliarden-Kredithilfen für Euro-Länder nicht verletzt werden.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kritisierte, Merkel habe bislang noch nicht einmal versucht, die Opposition zur Zusammenarbeit einzuladen. «Wollen Sie unsere Zustimmung möglicherweise erwerben, oder nicht?», fragte er. Den Ankündigungen zur Regulierung der Finanzmärkte müssten Taten folgen.

Der Euro-Schirm hat eine Größenordnung von bis zu 750 Milliarden Euro. Auch der Bundesrat wird schon am Freitag über den deutschen Beitrag beraten. Deutschland könnte in den nächsten drei Jahren bis zu 148 Milliarden Euro Garantien beisteuern. Bundesbankpräsident Axel Weber forderte harte Sanktionen für Schuldensünder.

Die Finanzaufsicht BaFin hatte um Mitternacht «ungedeckte Leerverkäufe» auf Euro-Anleihen und auf Kreditausfallversicherungen untersagt. Davon sind auch Spekulationen mit Aktien von 10 deutschen Finanzkonzernen betroffen.

Bankhäuser kritisierten den drastischen Schritt. Nicht Spekulanten seien das Problem, sondern hoch verschuldete Euro-Länder. Europa spreche immer noch nicht mit einer Stimme.

Die Commerzbank, wo der Staat Großaktionär ist, warnte die Politik, die Märkte in eine Richtung zu zwingen: «Die jüngste Zuspitzung der Schuldenkrise ist nicht auf Spekulanten, sondern vielmehr auf eine durchaus rationale Zurückhaltung bei Investoren und Banken zurückzuführen.»

Merkel wies die Kritik zurück: «In den Bereichen, in denen ein nationaler Alleingang Deutschlands keinen Schaden hervorruft, werden wir auch im nationalen Alleingang handeln.» Das Verbot gilt zunächst bis zum 31. März 2011.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sagte in Brüssel, nach dem Signal aus Deutschland müsse jetzt die Gemeinschaft nachziehen: «Es ist wichtig, dass die Mitgliedsstaaten hier zusammenarbeiten.»

Frankreich zeigte sich nach Medienberichten irritiert über den Vorstoß. Paris wolle einem Spekulationsverbot auf Euro-Anleihen nicht folgen, sagte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde. Bestimmte Aktienwetten sind in Frankreich schon seit längerem verboten.

Merkel will den EU-Stabilitätspakt rasch verschärfen. Zu viele schwache Euroländer hätten über ihre Verhältnisse gelebt. «Das ist die eigentliche Ursache des Problems.» Selbstkritisch merkte die Kanzlerin an: «Auch wir Deutschen haben im Übrigen nicht seit gestern, sondern schon seit über 40 Jahren Schulden gemacht. Auch wir leben auf Pump.»

EU / Finanzen / Deutschland
19.05.2010 · 15:17 Uhr
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