Merkel-Machtwort lässt FDP kalt

Berlin (dpa) - Im Ringen um den Euro-Rettungskurs droht der FDP nach ihrem Konflikt mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) jetzt auch eine interne Zerreißprobe.

Wenige Tage vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus eskalierte der Streit zwischen Parteispitze und liberalen «Euro-Rebellen», die einen Mitgliederentscheid zu dem Thema erreichen dürften. CDU-Chefin Merkel versuchte den regierungsinternen Streit zu entschärfen. Spekulationen über einen Bruch der schwarz-gelben Koalition wies Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch zurück.

Nach Seiberts Darstellung ist sich das Kabinett einig über Wege und Ziele zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität der Euro-Zone. Auf die Frage, ob es Anlass gebe, über ein Ende der Koalition nachzudenken, antwortete der Regierungssprecher mit «Nein». Er machte deutlich, dass Merkel in der Debatte über das weitere Vorgehen in der Euro-Schuldenkrise konstruktive Beiträge ihrer Minister erwartet.

Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler hatte Anfang der Woche nach Spekulationen über eine Staatspleite Griechenlands Kritik von Merkel und von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einstecken müssen. Am Mittwoch verteidigte Rösler erneut seine umstrittene Aussage: Er habe versucht, eine europäische Vision für die kommenden fünf bis zehn Jahre aufzuzeigen. «Ich muss das tun, was ich für richtig halte», sagte er nach einem Gespräch mit dem italienischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Paolo Romani, in Rom.

Euro-Skeptiker in der FDP wollen per Mitgliederentscheid die Einführung des permanenten europäischen Rettungsschirms ESM ab Mitte 2013 verhindern. Sie können mit der für einen solchen Entscheid erforderlichen Mehrheit rechnen. Die FDP-Spitze um Rösler will mit einem eigenen Antrag den Entscheid entschärfen. Außenminister Guido Westerwelle bemühte sich ebenfalls um eine Beruhigung des Koalitionskonflikts. Er sprach sich dafür aus, zunächst das Ergebnis weiterer EU-Prüfungen zu Griechenland abzuwarten.

Deutschland und Frankreich sprachen sich klar für den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy seien «überzeugt, dass die Zukunft Griechenlands in der Euro-Zone ist», teilte die Bundesregierung am Abend nach einer etwa 20-minütigen Telefonkonferenz Merkels und Sarkozys mit dem griechischen Regierungschef Giorgos Papandreou mit. Merkel und Sarkozy forderten Athen zugleich auf, die Reformzusagen für die Milliarden-Hilfen der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie das Anpassungsprogramm «strikt und effektiv» umzusetzen. «Dies ist Voraussetzung für die Auszahlung zukünftiger Tranchen des Programms», hieß es in der Erklärung.

Aus Athen hieß es, Griechenland sei entschlossen, alle Verpflichtungen zu erfüllen. «Angesichts der Gerüchte der letzten Tage haben alle betont, dass Griechenland unzertrennlicher Teil der Eurozone ist», hieß es in einer Erklärung des griechischen Regierungssprechers.

Weltbank-Chef Robert Zoellick kritisierte das Handeln der großen Industrienationen und besonders der Europäer: Sie wehrten sich gegen «schwierige Wahrheiten über die gemeinsame Verantwortung einer Währung». Viel zu lange seien Entscheidungen herausgezögert worden. Rasche Entscheidungen seien notwendig.

China will sich im Kampf gegen die Schuldenkrise in Europa und den USA mit neuen Investitionen engagieren. Allerdings fordert die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt für mögliche Finanzspritzen auch ein Entgegenkommen. So solle die EU Peking als Marktwirtschaft anerkennen, betonte Ministerpräsident Wen Jiabao. Dies würde China Vorteile in Handelsstreitigkeiten geben. Mit der Hoffnung auf eine Lösung der Krise ging es für die Märkte am Mittwoch nach oben.

Derweil ist das neue Milliarden-Sparpaket der italienischen Regierung von Silvio Berlusconi unter Dach und Fach. In der abschließenden Abstimmung votierten am Mittwochabend in Rom 314 Abgeordnete für und 300 gegen die Sparmaßnahmen von etwa 54 Milliarden Euro. Das Paket sieht unter anderem eine höhere Mehrwertsteuer vor. Bis 2013 will das hochverschuldete Land einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Angesichts des griechischen Schuldendramas setzt die EU-Kommission auf Eurobonds, also gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder: «Die EU-Kommission wird Optionen vorbereiten für die Einführung von Eurobonds», kündigte Kommissionspräsident José Manuel Barroso im Europaparlament an.

In der Slowakei zeichnete sich immer deutlicher eine Blockade der geplanten Euro-Rettungsmaßnahmen ab. «Wir werden auf jeden Fall dagegen stimmen», sagte Parlamentspräsident Richard Sulik am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Seine neoliberale Partei Freiheit und Solidarität (SaS) ist zweitstärkste Kraft der Mitte-Rechts-Koalition. Ohne SaS ist bei der für Oktober erwarteten Parlamentsabstimmung nicht mit einer Mehrheit zu rechnen. Für das Inkrafttreten der Maßnahmen ist aber die Zustimmung aller Euro-Länder notwendig.

Nach Rösler distanzierte sich innerhalb der Bundesregierung auch Verkehrsminister Peter Ramsauer vom europapolitischen Kurs der Kanzlerin. Ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro sei «kein Weltuntergang», sagte der CSU-Politiker der Wochenzeitung «Die Zeit». Dies ist seit Montag auch offizielle Position der CSU-Spitze.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle und Generalsekreätr Christian Lindner wiesen Kritik an den Spekulationen Röslers über eine Griechen-Insolvenz zurück. Beide warnten davor, das Thema zu tabuisieren.

EU / Finanzen / Deutschland
14.09.2011 · 22:43 Uhr
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