Medikamentenengpass: Werden Operationen jetzt gestrichen?
Medikamentenengpässe sind in deutschen Krankenhäusern längst kein neues Phänomen, doch die aktuelle Situation spitzt sich weiter zu. Insbesondere lebenswichtige Mittel, die für Operationen benötigt werden – von Spüllösungen über Narkosemittel bis hin zu Schmerzmedikamenten – werden immer knapper.
Experten warnen: Wenn sich die Lage nicht bald entspannt, könnten Operationen verschoben oder abgesagt werden müssen.
Schon im Sommer drohten erste Krankenhäuser, geplante OPs abzusagen, weil Spüllösungen knapp wurden. Nun befürchtet die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), dass sich diese Entwicklung über den Winter fortsetzen könnte.
„Wir laufen in eine problematische Situation“, sagt Edith Bennack, Leiterin der Apotheke des Kölner St. Elisabeth-Krankenhauses. „Es besteht die Gefahr, dass Operationen verschoben werden müssen.“
Spüllösungen: Engpass trifft Urologie und mehr
Besonders betroffen sind sogenannte Spüllösungen, die beispielsweise in der Urologie verwendet werden, um nach einer Operation Nachblutungen zu verhindern. Auch Injektionslösungen, die für Infusionen unerlässlich sind, fehlen zunehmend.
Hersteller wie B. Braun haben bereits angekündigt, dass bis Jahresende nur noch die Hälfte des bisherigen Monatsbedarfs geliefert werden kann. Auch Fresenius Kabi meldet, dass die Nachfrage die Produktionskapazitäten übersteigt.
„Wenn ein großer Anbieter wie B. Braun die Lieferungen halbiert, können andere Hersteller das nicht einfach kompensieren“, erklärt Bennack.
Auch bei Kochsalzlösungen, die in fast jeder Operation benötigt werden, sind die Bestände mittlerweile knapp.
Mehr Kosten durch Importware
Ein weiteres Problem: Viele Kliniken müssen auf Importe zurückgreifen, um den Bedarf an Spüllösungen und anderen Medikamenten zu decken. Doch das bringt deutliche Mehrkosten mit sich, die die Budgets der Krankenhäuser zusätzlich belasten.
„Die Kliniken beziehen bereits seit einiger Zeit Medikamente aus dem Ausland“, bestätigt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein.
Diese Importe sind jedoch kein dauerhafter Ausweg, da sie die Versorgungslage nicht grundlegend stabilisieren.
Schmerz- und Narkosemittel ebenfalls betroffen
Doch die Engpässe beschränken sich nicht nur auf Spül- und Injektionslösungen. Schmerzmittel wie Remifentanil, das für Narkosen unverzichtbar ist, sind ebenfalls betroffen.
Auch für das Schmerzmittel Hydromorphon, das bei starken Schmerzen eingesetzt wird, sind mittlerweile 26 Lieferengpässe gemeldet. Ebenso knapp ist Metamizol, das häufigste Schmerzmittel in deutschen Krankenhäusern bei mittleren Schmerzen.
Insgesamt meldet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) derzeit 502 Lieferengpässe, wobei unterschiedliche Packungsgrößen und Darreichungsformen noch gar nicht eingerechnet sind. Besonders kritisch ist dabei, dass einige Hersteller aufgrund sinkender Erträge durch Rabattverträge mit Krankenkassen den deutschen Markt ganz verlassen.
Droht eine OP-Krise?
Die Situation in deutschen Krankenhäusern ist angespannt, und es gibt keine schnelle Lösung. Sollte sich die Lage nicht verbessern, müssen Patienten mit massiven Einschränkungen rechnen.
Vor allem nicht dringende Operationen könnten verschoben werden, was weitreichende Folgen für die Gesundheitsversorgung hätte. Es bleibt zu hoffen, dass die zuständigen Stellen und Hersteller schnell eine Lösung finden, bevor die Lage eskaliert.