Maas erwartet keinen neuen Wahlkampfstreit mit der Türkei

New York (dpa) - Außenminister Heiko Maas rechnet nicht mit einer neuen Belastung der Beziehungen zur Türkei durch den bevorstehenden türkischen Wahlkampf.

«Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch in der Türkei niemand ein Interesse daran hat, die Beziehungen zu Deutschland noch einmal zu verkomplizieren», sagte der SPD-Politiker am Dienstag in New York nach einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu. «Ich gehe davon aus, dass das auch im Zusammenhang mit dem türkischen Wahlkampf nicht der Fall sein wird.»

Allerdings sorgte die Wahl der stellvertretenden Linksfraktionschefin Sevim Dagdelen zur neuen Vorsitzenden der deutsch türkischen Parlamentariergruppe im Bundestag für neuen Ärger in den Beziehungen beider Länder. Dagdelen zählt zu den schärfsten Kritikern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Bundestag und hat ihn unter anderem als «Terrorpaten» bezeichnet. In Erdogans Regierungspartei stieß die Personalentscheidung auf scharfe Kritik.

Der AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroglu kündigte umgehend die Zusammenarbeit mit der Parlamentariergruppe auf. «Sevim Dagdelen ist eine allseits bekannte Aktivistin der Terrororganisation PKK», sagte der Wortführer der AKP in Sachen deutsch-türkische Beziehungen der dpa. «Mit ihrer Wahl verliert die Parlamentariergruppe ihren Sinn als Dialogpartner.»

Maas traf Cavusoglu in New York zum ersten Mal. In der Türkei sollen am 24. Juni Präsidenten- und Parlamentswahlen stattfinden. In Deutschland gilt seit vergangenem Jahr ein Auftrittsverbot für ausländische Politiker drei Monate vor Wahlen in ihrem Land, dass Maas bei dem Gespräch bekräftigte. Es war eine Reaktion auf den erbitterten Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker vor dem türkischen Verfassungsreferendum im April 2017.

Ob die türkische Regierung die deutschen Vorgaben wirklich akzeptiert, blieb auch nach dem Treffen in New York unklar. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat angekündigt, auch im Ausland Wahlkampf machen zu wollen. Am Dienstag bekräftigte er, dass er schon bald einen Auftritt plane, sagte aber weiterhin nicht wo. «Im Mai werden wir wieder, so Gott will, unser erstes europäisches Treffen in einer überdachten Turnhalle in einem Land in Europa abhalten», sagte Erdogan vor seiner islamisch-konservativen AKP in Ankara lediglich. Alle Vorbereitungen seien bereits getroffen.

Die 1,4 Millionen wahlberechtigten Türken in Deutschland können wahrscheinlich schon in der ersten Juni-Hälfte abstimmen. Das dreimonatige Auftrittsverbot gilt ausdrücklich nicht für die Teilnahme Cavusoglus an einer Gedenkveranstaltung am 25. Jahrestag des rechtsextremistischen Brandanschlags von Solingen, bei dem fünf Mitglieder einer türkischstämmigen Familie getötet wurden.

Die Erdogan-Gegnerin Dagdelen wurde von der Linksfraktion in Berlin einstimmig zur Vorsitzenden der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe gewählt. Dieser Posten wurde der Linken in einer interfraktionellen Vereinbarung zugesprochen. «Gerade in einer Zeit, in der der türkische Staatspräsident Erdogan die Türkei in Richtung einer islamistischen Diktatur treibt, sehe ich es als unsere demokratische Pflicht, auf eine Intensivierung der parlamentarischen Kontakte zu setzen», sagte Dagdelen in einem dpa-Interview. Auf Kritik von türkischer Seite reagierte sie gelassen. Den PKK-Vorwurf bezeichnete sie als «Quatsch» und betonte, dass die Türkei nicht nur Erdogan sei. «Erdogan steht nur für eine Minderheit der Bevölkerung.»

Die Tochter kurdisch-türkischer Einwanderer löst die SPD-Politikerin Michelle Müntefering an der Spitze der Parlamentariergruppe ab, die jetzt Staatsministerin im Auswärtigen Amt ist. Es ist üblich, dass die Personalentscheidung der einzelnen Fraktionen für die Vorsitzendenposten der Parlamentariergruppen von den anderen Fraktionen akzeptiert wird.

Die 42-Jährige reist seit zwei Jahren nicht in die Türkei, weil sie eine Festnahme befürchtet. Sie hofft, dass sich das nun ändert. «Ich bin optimistisch, dass sich die türkische Regierung hier bewegt.» Yeneroglu sagte allerdings, Dagdelen sei in der Türkei «definitiv nicht willkommen». «Die Gruppe ist keine Freundschaftsgruppe mehr, wie sie unter Parlamentariern genannt wird, und kann sich gleich auflösen. Jedenfalls kann sich die Gruppe die Reise in die Türkei mit ihr als Vorsitzenden gleich sparen.»

International / UN / Wahlen / Parlament / Präsident / Deutschland / Türkei / Nordrhein-Westfalen
24.04.2018 · 18:32 Uhr
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