Pakt

London und Paris ringen um Migration über Ärmelkanal

14. November 2022, 13:04 Uhr · Quelle: dpa
Mehr als 41.000 Menschen sind in diesem Jahr bereits unerlaubt über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangt - so viele wie nie zuvor. Helfen soll nun ein Vertrag mit einem engen Nachbarn.

Paris/London (dpa) - Mit einem Pakt mit Frankreich will die britische Regierung eines ihrer wichtigsten Wahlversprechen einlösen und die illegale Einwanderung über den Ärmelkanal deutlich reduzieren.

Innenministerin Suella Braverman unterzeichnete in Paris mit ihrem Kollegen Gérald Darmanin die Vereinbarung, die erstmals vorsieht, dass britische Beamte als Beobachter nach Frankreich entsendet werden - und umgekehrt. Die Zahl der an Nordfrankreichs Küste eingesetzten Polizeibeamten soll um 40 Prozent erhöht werden, außerdem soll neue Überwachungstechnik zum Einsatz kommen.

Zahlen wird dafür vor allem London. Für den Zeitraum 2022/2023 ist ein Betrag von 72,2 Millionen Euro vorgesehen. Insbesondere ins Visier nehmen wollen beide Länder illegale Einreisen aus Albanien. Von dort stammt nach britischen Angaben fast ein Drittel der Migranten, die es über den Ärmelkanal schaffen. Das liege vor allem daran, dass kriminelle albanische Banden die Flüchtlingslager in Nordfrankreich kontrollieren, hieß es jüngst in London. Frankreich sicherte nun auch Investitionen in Aufnahmezentren in Südfrankreich zu. Damit sollen über das Mittelmeer kommende Migranten davon abgehalten werden, sich an die Kanalküste zu begeben und eine sichere Alternative erhalten.

So viele Migranten wie noch nie

Die nicht genehmigte Zuwanderung ist eine der größten Sorgen der konservativen britischen Regierung, obwohl die Zahl der ankommenden Migranten deutlich niedriger ist als in den meisten EU-Staaten. Seit Jahren aber nimmt die Zahl derjenigen zu, die es über den Ärmelkanal ins Land schaffen - obwohl London schon seit langem verspricht, das Problem zu lösen. Am Wochenende erreichten erneut mehr als 1800 Menschen in kleinen, oft seeuntauglichen Booten die britische Küste. Damit sind es in diesem Jahr bereits mehr als 41.000 - deutlich mehr als im Gesamtjahr 2021 und so viele wie noch nie.

Dabei hatte die Regierung versprochen, dass mit dem Brexit die Freizügigkeit enden werde. Ein ausgeklügeltes System soll seitdem die Migration kontrollieren. Doch auch die radikalsten Pläne der konservativen Hardliner schrecken Menschen nicht ab. Dazu zählt die Idee, unerlaubt Eingereiste nach Ruanda auszufliegen - ungeachtet ihres Hintergrunds. Einen Asylantrag sollen die Menschen dann in dem ostafrikanischen Land stellen, nach Großbritannien zurückkehren dürfen sie nicht. Doch das international scharf kritisierte Vorhaben wird noch vor Gericht angefochten.

In der Vergangenheit war der Umgang mit der Migration über den Ärmelkanal oft ein Zankapfel zwischen beiden Ländern. Zuletzt aber gab es viel Lob, Frankreich soll fast 30 000 Überquerungsversuche verhindert haben. Premierminister Rishi Sunak zeigte sich zuversichtlich, dass der Deal die Zahl der Überfahrten senken werde.

Gefährliche Überfahrten

Die Vereinbarung kam zehn Tage vor dem Jahrestag einer Katastrophe im Ärmelkanal zustande: Am 24. November 2021 ertranken 27 Menschen, als ihr Schlauchboot kenterte. Die Gefahr bleibt. Alleine am Wochenende wurden vor der französischen Küste 170 Migranten, die mit kleinen Booten auf den Weg nach Großbritannien waren, aus Seenot gerettet.

Doch Menschenrechtler und Beobachter sind skeptisch, dass der Vertrag die Lage verbessern wird. Die Flüchtlingsorganisation Refugee Council forderte, London müsse vielmehr für sichere Einreisewege sorgen und enger mit der EU zusammenarbeiten. Lucy Moreton von der britischen Grenzschützergewerkschaft ISU sagte dem Sender Times Radio, Migranten aufzuhalten und dann gezwungenermaßen wieder freizulassen, ändere die Lage nicht. In Nordfrankreich warten Tausende Menschen auf eine Überfahrt.

Hinzu kommt die oft chaotische Situation in Großbritannien. Wie Refugee Council unter Berufung auf das Innenmimisterium mitteilte, warteten zuletzt mehr als 120.000 Menschen auf eine Bearbeitung ihres Asylantrages - fast vier Mal so viele wie noch im Dezember 2017.

Diphterie-Fälle in englischem Aufnahmelager

Für Aufsehen sorgten jüngst die Zustände im südostenglischen Aufnahmelager Manston. Ausgelegt für 1600 Menschen, waren dort teils bis zu 4000 Migrantinnen und Migranten untergebracht. Zuletzt kam es zu mehreren Diphterie-Fällen. Die konservative Regierung setzt auf Härte. Der zuständige Innen-Staatssekretär Robert Jenrick behauptete am Wochenende, Migranten nutzten Großbritanniens Großzügigkeit aus. ««Hotel Britannien» muss ein Ende haben», schrieb der Politiker und forderte eine einfachere Unterbringung der Menschen: «Illegale Einwanderer haben keinen Anspruch auf Luxushotels.»

Beobachter warnen, der oft als hetzerisch empfundene Ton heize Rassismus und Rechtsextremismus an. Erst vor wenigen Wochen schleuderte ein weißer Mann mehrere Brandsätze auf eine Aufnahmestation in Dover.

Politik / Flüchtlinge / Migration / Asyl / Ärmelkanal / Brexit / Suella Braverman / Frankreich / Großbritannien
14.11.2022 · 13:04 Uhr
[0 Kommentare]
Friedrich Merz und Markus Söder am 17.09.2024
Berlin - Nach der Entscheidung für CDU-Chef Friedrich Merz als Kanzlerkandidat der Union beschwören CDU und CSU ihre Geschlossenheit. So unterstützen etwa der Sozial- und der Wirtschaftsflügel der Union die Kanzlerkandidatur von Merz. "Er hat die Union geeint, der Fraktion Profil gegeben und die Partei nach vorne gebracht. Friedrich Merz hat gezeigt: Er kann Kanzler", sagte die Vorsitzende der […] (00)
vor 8 Minuten
Slipknot
(BANG) - Shawn „Clown“ Crahan hat zugegeben, dass die Beziehung zwischen den Bandmitgliedern von Slipknot heute „nicht mehr so ​​eng“ sei. Die Heavy-Metal-Musikgruppe hat 25 Jahre seit der Veröffentlichung ihres selbstbetitelten Debütalbums gefeiert, wobei Crahan jedoch einräumte, dass die Rocker wegen der zahlreichen Besetzungswechsel, darunter der tragische Tod ihres Bassisten Paul Gray und des […] (00)
vor 1 Stunde
Häufige Probleme mit AirPods und erste Lösungen AirPods gelten zwar als robuste und langlebige Geräte, aber wie jede Technologie können auch sie im Laufe der Zeit Verschleißerscheinungen oder technische Probleme aufweisen. Eine der häufigsten Ursachen für Defekte ist der Akku. Wenn deine AirPods nicht mehr aufladen oder die Laufzeit deutlich verkürzt ist, könnte ein Problem mit den Ladepins oder […] (00)
vor 15 Minuten
PlayStation 6: Die Gerüchteküche brodelt schon jetzt
Kaum hat Sony die PS5 Pro angekündigt, tauchen bereits erste Details zur PlayStation 6 auf. Ja, du hast richtig gelesen – wir sprechen hier von Sonys nächster Konsolengeneration. Laut einem Bericht von Reuters arbeitet Sony bereits an der PS6, und wie erwartet, wird auch diese Konsole auf einen Chip von AMD setzen. Doch was steckt hinter den Entscheidungen und den (nicht so rosigen) Gesprächen mit […] (00)
vor 35 Minuten
James Cameron
(BANG) - James Cameron wird nach dem Abschluss der Arbeiten am fünften 'Avatar'-Film eine 'Last Train from Hiroshima'-Verfilmung drehen. Der 70-jährige Filmemacher arbeitet derzeit an den nächsten drei Teilen der Science-Fiction-Filmreihe, doch jetzt ist bekanntgegeben worden, dass Cameron eine Verfilmung von Charles Pellegrinos gleichnamigem Roman von 2015 inszenieren wird, sowie das kommende […] (00)
vor 1 Stunde
Borussia Dortmund - 1. FC Heidenheim
Brügge (dpa) - Die Lust auf eine neue wundersame Champions-League-Saison bei Borussia Dortmund ist ungebrochen. Für den runderneuerten Finalisten der Vorsaison startet der reformierte Königsklassen-Wettbewerb beim belgischen Meister FC Brügge. «Wir freuen uns darauf, auf diesen neuen Wettbewerb. Wir freuen uns auf viele interessante Spiele», sagte Sportdirektor Sebastian Kehl vor dem […] (02)
vor 3 Stunden
Staatliche Rettung der Meyer Werft: Milliardenrisiko für Bund und Niedersachsen
Der Bund und das Land Niedersachsen gehen mit der Rettung der angeschlagenen Meyer Werft ein hohes finanzielles Risiko ein. Insgesamt investieren sie 400 Millionen Euro und sichern das Unternehmen mit Bürgschaften in Höhe von rund zwei Milliarden Euro ab. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil stellte jedoch klar, dass das Engagement des Staates nur vorübergehend sei. „Wir wollen uns dort […] (00)
vor 1 Stunde
Volvo FH Spitze im Langzeit-Praxistest bei Fehrenkötter
Ismaning, 17.09.2024 (PresseBox) - Im Rahmen der IAA Transportation wurde Volvo Trucks für den drei Jahre dauernden Praxistests der Spedition Fehrenkötter in der Kategorie „variable Kosten“ als Sieger gekürt. Berücksichtigt wurden dabei laufende Kosten wie Spritverbrauch, Ad-Blue Verbrauch, Service und Wartung. Mit nur 46,16 Cent pro gefahrenem Kilometer setzte sich der Volvo FH mit I-Save klar an […] (00)
vor 1 Stunde
 
Finanzministerium (Archiv)
Berlin - Von aktuellen Steuerplänen der Bundesregierung profitieren Gutverdiener offenbar […] (00)
Frauen U20-WM: USA - Deutschland
Cali (dpa) - Die deutschen Fußballerinnen haben bei der U20-Weltmeisterschaft nach einem […] (01)
«Der Geier» startet vorbildlich
Philipp Hochmair spielt den Lukas Geier und der «Blind ermittelt»-Star hat offenbar eine große […] (00)
Tito Jackson
(BANG) - Tito Jackson erlitt vor seinem Tod einen medizinischen Notfall in einem […] (00)
Pfizer warnt vor Auswirkungen von US-Arzneimittelreformen auf Krebstherapien
Pfizers Onkologie-Chef Chris Boshoff hat davor gewarnt, dass die von der Biden-Regierung […] (00)
Volle Fahrt voraus! Das „Drive Your Way“-Update für Pacific Drive ist da
Schraubenschlüssel gezückt, Motor aufgedreht und los geht’s! Das Indie-Highlight Pacific Drive […] (00)
 
 
Suchbegriff