Letzte Chance Bundeswehr? Politiker hinterfragen AKK

Berlin (dpa) - «Zur Meldung Augen rechts.» Das Wachbataillon des Verteidigungsministeriums ist angetreten für die neue Chefin. Im Eiltempo nimmt die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer (56) am Mittwoch ihren Kabinettsposten ein.

«Ich gehe mit vollem Herzen und auch voller Überzeugung mein Amt als Bundesverteidigungsministerin an», sagt sie in einer kurzen Ansprache, Fragen werden nicht beantwortet. Sie würdigte vor allem die Soldaten im Auslandseinsatz, die im Notfall auch kämpfen müssten, um die Sicherheit Deutschlands zu verteidigen. «Das ist eine hohe Verantwortung, dieser Verantwortung bin ich mir sehr bewusst.»

Um 21.30 Uhr war am Vorabend die überraschende Kehrtwende der CDU-Chefin nach einer Telefonschalte des CDU-Präsidium bekannt geworden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (39), der bis dahin als Favorit für den Posten gehandelt worden war, erfuhr von der Entscheidung selbst am Telefon, wie er am Mittwoch sagt. Nach eigenen Worten freut er sich: «Die Bundeswehr ist damit bei der CDU Chefinnen-Sache, im wahrsten Sinne des Wortes. Und das ist gut.»

Um 11.10 Uhr erhält Kramp-Karrenbauer im Schloss Bellevue ihre Ernennungsurkunde. Keine 20 Minuten später fährt sie im Verteidigungsministerium zum Dienstantritt vor. Für ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen, die sie begleitet, ist es der Abschied aus einem von Affären und Kritik überschatteten Ministeramt.

Immer wieder hat Kramp-Karrenbauer einen Wechsel ins Kabinett ausgeschlossen, weil sie sich ganz auf das Parteiamt konzentrieren wolle. Was hat zu ihrem Sinneswandel geführt? Kramp-Karrenbauer war im Saarland bereits Innenministerin, hat aber keine Expertise in der Verteidigungs- oder Außenpolitik. Mit sicherheitspolitischen Themen hat sie in den vergangenen Wochen keinen zündenden Erfolg gehabt. In Erinnerung blieb ihr Vorschlag für einen gemeinsamen deutsch-französischen Flugzeugträger.

Wollte Kramp-Karrenbauer einfach den Konkurrenten Spahn, der schon im Rennen um den CDU-Vorsitz gegen sie unterlegen war, nicht mit einem öffentlichkeitswirksamen Posten vorbeiziehen lassen? Hat sie sich deswegen kurzfristig selbst in Position gebracht? Und hat sie damit vielleicht ihre letzte Chance genutzt, um die Weichen Richtung Kanzleramt zu stellen?

Allerdings kann das Verteidigungsministerium nach den Erfahrungen anderer Minister nicht als Sprungbrett ins Kanzleramt gelten. Es lauern viele Fallstricke. Das bringt schon die enorme Zahl von 250.000 Soldaten und Zivilbeschäftigten mit sich. Dazu kommen: gefährliche Auslandseinsätze, eine von Lobbyisten flankierte Rüstungsindustrie und vor allem der von der US-Regierung als weiterhin zu niedrig bezeichnete Verteidigungsetat.

Auf die Neue warten unerledigte Baustellen im Beschaffungswesen und - drängender noch - schwierige politische Probleme, bei denen internationale Politik und Uneinigkeit mit dem Koalitionspartner SPD einen kaum zu lösenden Knoten ergeben. Stichwort Irak, Syrien und der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die USA fordern eine Fortsetzung der deutschen Beteiligung am gemeinsamen Kampf und erwarten zusätzlich deutsche Bodentruppen für Syrien.

Der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte erst vor knapp zwei Wochen, die Bereitstellung von Tornado-Kampfflugzeugen zur Aufklärung sowie die Luftbetankung von Maschinen der internationalen Anti-IS-Koalition zum 31. Oktober zu beenden. «Die SPD besteht auf dieser Verabredung und dem entsprechenden Beschluss des Bundestags.»

Mission Impossible für «AKK» als Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt (IBuK)? In der Union wird vor allem betont, dass die Bundeswehr nun «Chefsache» sei und die Streitkräfte «Rückenwind» bekommen. «Ich glaube, das ist die beste Besetzung, die man sich jetzt vorstellen kann», sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch. «Wir haben jetzt mit der Annegret keine Verlegenheitslösung.»

Nach Angaben aus Unionskreisen gab es auf den letzten Metern eine enge Abstimmung zwischen der CDU- und der CSU-Spitze, aber nur im kleinsten Kreis um Kramp-Karrenbauer, Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Markus Söder. Konkret wurde es demnach erst nach der Rücktrittsankündigung von der Leyens am Montag. Erst dann zeichnete sich dem Vernehmen nach ab, dass Kramp-Karrenbauer selbst ins Verteidigungsministerium wechselt - und beispielsweise Spahn das Nachsehen hat.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter vermutet hinter der Entscheidung taktische Motive. «Mein Eindruck ist, dass Frau Kramp-Karrenbauer ihre Meinung geändert hat, doch ein Ministeramt anzunehmen, weil sie es als eine ihrer letzten Chancen sieht, doch noch Stärke zu beweisen, nachdem sie bisher als Vorsitzende eher glücklos agiert hat», sagte Hofreiter am Mittwoch in München.

Als einer der ersten SPD-Politiker äußerte sich noch am Dienstagabend der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kars, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises. «Das hat die Bundeswehr nicht verdient», schrieb er auf Twitter. Am Mittwoch legte er in dem Kurznachrichtendienst nach: «Ein Wortbruch ist kein guter Anfang.»

Bundesregierung / Verteidigung / Deutschland
17.07.2019 · 18:34 Uhr
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