Konflikt in Griechenland eskaliert: Papandreou vor Aus?

Athen (dpa) - Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou droht der Sturz. Zahlreiche Minister und Abgeordnete seiner sozialistischen Regierungspartei PASOK forderten am Donnerstag die Bildung einer «Regierung der Nationalen Rettung».

Mindestens zwei Abgeordnete haben nach Angaben des staatlichen Fernsehens NET erklärt, sie wollten Papandreou das Vertrauen verweigern. Demnach hätte Papandreou mit nur noch 150 Mandaten keine Mehrheit mehr im Parlament. Papandreou berief eine Krisensitzung seines Ministerrats zur Mittagszeit ein. Er hält bislang an seinem Plan fest, die Vertrauensfrage im Parlament zu stellen - die Abstimmung soll in der Nacht zum Samstag über die Bühne gehen.

Nach der Krisensitzung des Ministerrats sollte nach Berichten des staatlichen Fernsehens auch die Parlamentsfraktion der regierenden Sozialisten tagen. Beobachter rechneten in Athen mit «schlagartigen» Entwicklungen. Mindestens vier Minister aus Papandreous Kabinett verlangen nach Informationen der griechischen Presse einen Wechsel an der Spitze der Regierung. Auch die Bildung einer großen Koalition mit den Konservativen wurde nicht mehr ausgeschlossen. Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) unter Oppositionsführer Antonis Samaras hatte sich bisher strikt dem strammen und unpopulären Sparkurs Papandreous verweigert; er ist nötig, um im Gegenzug weiter internationale Milliardenhilfen zu bekommen, ohne die Griechenland Mitte Dezember pleite wäre.

In den griechischen Medien werden bereits Namen möglicher Nachfolger Papandreous gehandelt. Darunter ist der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos. Dies berichtete der Athener Nachrichtensender Vima 99,5. Der frühere griechische Ministerpräsident Kostas Simitis (1996-2004) sei aus Kreisen der EU vorgeschlagen worden, sagte der Chef der kleinen ultrakonservativen Partei Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS), Giorgos Karatzaferis. Die Büros der beiden mutmaßlichen Kandidaten waren für Nachfragen zunächst nicht erreichbar.

Finanzminister Evangelos Venizelos wandte sich in einer Erklärung offen gegen Papandreous Referendum-Plan: «Die Position des Landes ist im Euro(land). Es ist eine historische Errungenschaft des Landes und kann nicht infrage gestellt werden», betonte Venizelos. Die Beteiligung Griechenlands an der Eurozone «kann nicht von einem Referendum abhängig sein». Das Hilfsprogramm müsse so schnell wie möglich in die Tat umgesetzt werden, sagte Venizelos.

Papandreou betonte in einer eigenen Erklärung: «Ich glaube, das griechische Volk hat die Weisheit und das Wissen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die den Verbleib des Landes in der Eurozone garantieren werden», hieß es in der am Donnerstag in Athen ausgegebenen Erklärung. Es werde bei dem Referendum «in der Substanz nicht nur um ein (Hilfs-)Programm gehen». «Es geht darum, ob wir in der Eurozone bleiben wollen oder nicht», unterstrich Papandreou.

Venizelos' Kritik schließen sich immer mehr Minister und Abgeordnete der Sozialisten an. Der Landwirtschaftsminister Kostas Skandalidis kritisierte, ein Referendum über den Verbleib des Landes im Euroland habe «keinen Sinn». Auch Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis rief dazu auf, keine Volksabstimmung abzuhalten, sondern das vereinbarte Hilfsprogramm in die Tat umzusetzen. Zu den Widersachern Papandreous in der Regierung zählen nach Medieninformationen die Kultusministerin Anna Diamantopoulou, der Gesundheitsminister Andreas Loverdos und der Transportminister Giannis Ragousis.

Die bürgerliche Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) reagierte scharf auf die Aussagen des Regierungschefs: «Herr Papandreou ist gefährlich und muss gehen», hieß es in einer ND-Erklärung. Es gebe kein Problem mit dem Verbleib Griechenlands in der Eurozone. «Das einzige Problem ist der Verbleib Papandreous im Amt des Ministerpräsidenten.»

Am Vorabend hatten Deutschland und Frankreich den Druck auf Griechenland massiv erhöht. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy forderten das griechische Volk auf, schnellstmöglich über den weiteren Verbleib in der Eurozone zu entscheiden. Auch ein Austritt Athens aus der Währungsunion ist kein Tabu mehr. Sollte das griechische Volk die Auflagen und Forderungen des zweiten Hilfspakets ablehnen, werde man dies akzeptieren. «Aber wir werden auch den Euro nicht aufgeben», sagte die Kanzlerin.

Sarkozy und Merkel stellten zugleich klar, dass die nächste Hilfszahlung in Höhe von acht Milliarden Euro so lange nicht überwiesen werden könnte, bis Griechenland das gesamte Paket angenommen habe und jede Unsicherheit über das Referendum beseitigt ist. «Wir sind bereit, Griechenland zu helfen», sagte Sarkozy. Die Griechen müssten aber zu ihren Versprechungen stehen.

EU / Finanzen / Griechenland
03.11.2011 · 12:33 Uhr
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