Klimawandel im Weinbau: Traditionelle Anbaugebiete unter Druck
Die Weinbranche steht vor gravierenden Herausforderungen durch den Klimawandel. Hitzewellen und unregelmäßige Niederschläge verändern nicht nur die Anbaupraxis, sondern auch den Geschmack des Weins. Traditionelle Weinhänge könnten in absehbarer Zukunft ungenutzt bleiben.
Ein Forschungsteam der Bordeaux Sciences Agro, geleitet von Cornelis van Leeuwen, weist in einer Überblicksstudie in "Nature Reviews Earth & Environment" auf die temperaturempfindliche Weinqualität hin. Höhere Temperaturen reduzieren den Apfelsäureanteil und den Kaliumgehalt, was wiederum den ph-Wert senkt und den Geschmack beeinflusst. Ähnlich äußert sich Ramón Mira de Orduña Heidinger von der ETH Zürich in der Zeitschrift "Food Research International".
Durch steigende Temperaturen dominieren gekochte und überreife Fruchtnoten den Wein, während die Frische abnimmt. Diese Veränderungen führen zu höheren Zucker- und Alkoholwerten. Bereits jetzt werden im Elsass und Bordeaux Weine mit höheren Alkoholgehalten registriert, was zu "kopfigen" und "heißen" Weinen führt.
Neben der Hitze beeinflussen auch Waldbrände den Geschmack, wie Beispiele aus Australien zeigen. Dort wurden Weine aufgrund von Rauch als verbrannt und ascheähnlich kritisiert.
Die Branche versucht, durch Anpassung der Anbau- und Verarbeitungstechniken entgegenzuwirken. Dazu gehören die Wahl geeigneter Mikroorganismen und die Reduzierung des Alkoholgehalts. Winzer in Deutschland setzen ebenfalls auf innovative Methoden wie Blattschnitt, um die Strahlung zu reduzieren und die Säure zu erhalten.
Mitteleuropäische Weinregionen könnten langfristig von südeuropäischen Klimabedingungen geprägt werden. Heiko Paeth von der Universität Würzburg sieht knappe Anpassungspotenziale bei den Rebsorten. Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau untersucht daher Analog-Klimaten, um Aufschluss über zukünftige Weinanbaupraktiken zu erhalten.
Das Team aus Bordeaux warnt, dass bis zum Jahrhundertende 20 bis 70 Prozent der Weinbaufläche in Europa verschwinden könnten. Neue Anbaugebiete könnten sich verlagern, und die typischen Weine könnten in Zukunft in anderen geografischen Regionen entstehen.