Keller-Urteil vertagt: Ethikkammer entscheidet nächste Woche

Frankfurt/Main (dpa) - Nach seinem wohl letzten Auftritt als DFB-Präsident verließ Fritz Keller die Verbandszentrale in Frankfurt ohne Urteil über seinen Nazi-Vergleich.

Die Ethikkammer des Sportgerichts des Deutschen Fußball-Bundes unter dem Vorsitz von Hans E. Lorenz vertagte die Entscheidung im Verfahren gegen den DFB-Boss auf Abruf. «Für Mitte nächster Woche ist mit einer Entscheidung zu rechnen», sagte Lorenz nach der rund dreieinhalbstündigen nicht-öffentlichen Verhandlung.

Unabhängig vom Spruch des Gremiums, das erstmals überhaupt zusammengekommen war, dürfte Keller am kommenden Montag wie angekündigt von seinem im September 2019 übernommenen Amt zurücktreten. Der 64-Jährige hatte unter dem Druck der massiven öffentlichen Kritik und dem Misstrauensvotum der Chefs der Länder- und Regionalverbände bereits am vergangenen Dienstag seine «grundsätzliche Bereitschaft» zum Rückzug nach Abschluss des Verfahrens erklärt. Es wurde zunächst nicht erwartet, dass die Vertagung des Urteils einen Einfluss auf diesen Zeitplan haben wird.

Im dunklen Anzug und mit einem den Corona-Regeln entsprechenden Mund-Nasen-Schutz erschien Keller zu der Verhandlung, in der es um seine Äußerungen gegen den DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch bei der Präsidiumssitzung am 23. April ging. Keller hatte Koch als «Freisler» bezeichnet. Roland Freisler war Vorsitzender des Volksgerichtshofes im Nationalsozialismus.

«Es war sein großes Anliegen, vor einem objektiven Gremium seine Sichtweise darzulegen. Für ihn war es sehr wichtig, dies machen zu können», sagte Kellers Anwalt Christoph Schickhardt. «Er war sehr berührt und betroffen durch die Umstände der letzten Wochen.» Die DFB-Ethikkommission hatte aufgrund der Äußerung beraten und ihr Ergebnis dem Sportgericht zur Entscheidung vorgelegt. Keller hatte erklärt, dass er die Verantwortung vor dem Sportgericht übernehme.

Vor dem dreiköpfigen Gremium legte der DFB-Chef in einer laut Schickhardt sehr vertrauenswürdigen Atmosphäre seinen Standpunkt dar. «Wir wurden genau angehört, was wir zu den Vorwürfen und den Umständen zu sagen haben. Es wurde auch ausführlich über die Rahmenbedingungen im DFB gesprochen», berichtete der Anwalt und fügte hinzu: «Es braucht auch im Fußball vertraute Räume, in denen man offen sprechen kann. Wo man Kritik üben kann, ohne das gleich etwas durchgestochen wird. Das hat Fritz Keller genossen. Wir sind hochzufrieden über den Verlauf der Verhandlung und die Qualität des Gerichts und der gestellten Fragen.»

Keller habe in der Sitzung zudem ausdrücklich betont, dass es ihm um den Schutz der DFB-Mitarbeiter gehe und Ruhe in den Verband einkehren müsse. Die Probleme beim DFB bestünden nicht im Maschinenraum, sondern auf der Brücke.

Wie Keller ziehen auch seine Widersacher im zerstrittenen Präsidium - Generalsekretär Friedrich Curtius, Vizepräsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge - Konsequenzen. Curtius verhandelt über eine Vertragsauflösung. Koch und Osnabrügge werden beim nächsten Bundestag, der auf Anfang 2022 vorgezogen werden soll, nicht mehr zur Wiederwahl in ihre derzeitigen Posten antreten.

Koch soll aber gemeinsam mit dem zweiten ersten Vizepräsident Peter Peters zum dritten Mal die DFB-Führung interimsmäßig übernehmen, wenn Keller zurückgetreten ist. Nach den Neuwahlen «ist die Mitwirkung als haftender Vorstand des DFB für mich definitiv beendet», kündigte Koch in der ARD-Sportschau an.

Dennoch könnte der 62-Jährige, der gleichzeitig auch Präsident des Bayerischen und Süddeutschen Verbandes ist, im DFB-Präsidium weiter mitmischen. Voraussetzung dafür wäre eine Nominierung als einfacher Vizepräsident, sagte Koch der «Frankfurter Rundschau». Ob er das Amt auch antreten würde, ist offen.

Der Zustand des Verbands bereitet anderen Machern im deutschen Fußball weiter Sorgen. Geschäftsführer Max Eberl von Borussia Mönchengladbach verlangte einen Neuanfang angesichts der DFB-Führungskrise. «Wir müssen im deutschen Fußball frische neue Leute finden, die sich nicht mehr in Machtkämpfe verstricken ? und stattdessen endlich nachhaltig die wichtigen Themen angehen, die den Fußball begleiten werden», sagte Eberl in einem Interview von «Stuttgarter Zeitung» und «Stuttgarter Nachrichten». Als Verein könne sich Borussia Mönchengladbach derzeit «nicht mehr mit dem DFB identifizieren».

Fußball / DFB / Fritz Keller / Deutschland / Hessen
14.05.2021 · 18:13 Uhr
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