Kanada rüstet sich für vorgezogene Parlamentswahl: Mark Carney tritt an
Inmitten einer wirtschaftlich angespannten Situation und im Schatten der Zollpolitik und Annexions-Drohungen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hat Kanadas Premierminister Mark Carney eine vorgezogene Parlamentswahl angesetzt. Am 28. April wird der Einfluss Kanadas als zweitgrößter Flächenstaat unter Beweis gestellt, wenn Carney als Spitzenkandidat der Liberalen gegen den führenden Konservativen Pierre Poilievre antritt.
Die Entscheidung für die Neuwahl in dem G7-Land war seit einiger Zeit absehbar. Mit seinem Rücktritt räumte der langjährige Premierminister Justin Trudeau politisches Parkett. Sein Abgang, der schwachen wirtschaftlichen Entwicklungen und steigenden Preisen zugeschrieben wird, überließ Carney das Amt, um einem Misstrauensvotum zuvorzukommen. Diese Wahl, interpretieren Experten, könnte eine Chance sein, das Momentum der Liberalen im Dialog mit den USA zu nutzen.
Der Druck von Trump könnte unerwartet den Liberalen in die Hände gespielt haben, deren Abwahl als Regierung noch vor Monaten nahezu sicher schien. Carney, ein angesehener Wirtschaftsexperte, scheint in den Umfragen die Nase vorn zu haben. Der konstante Druck der USA lässt die kanadische Bevölkerung enger zusammenrücken.
Trudeau unterstrich in seiner Abschiedsrede den Ernst der Lage mit den Worten: „Täuschen Sie sich nicht: dies ist ein entscheidender Moment für die Nation", und bewies seine Verbundenheit mit der Eishockey-Nation mit dem motivierenden Aufruf: „Ellenbogen raus!“ - eine Metapher dafür, dass Kanada bereit ist, standhaft zu bleiben.
In den letzten Wochen hat sich ein intensiver nationaler Spirit entwickelt, der Kanadier von Ost nach West vereint. Von Quebec bis Vancouver zieren rote Kappen mit der Aussage „Kanada steht nicht zum Verkauf“ die Köpfe der Bürger, als provokante Gegendarstellung zu Trumps Rhetorik. Soziale Medien sind das Sprachrohr für antiamerikanische Stimmung und zahlreiche Autos fahren mit kleinen kanadischen Flaggen.
Nahe der Grenze zu den USA, in der Stadt Windsor, zeigt Bürgermeister Drew Dilkens, wie groß der Widerstand gegen die US-Strafzölle ist. Dilkens bemerkt, dass viele Kanadier aktuell Besuche und Einkäufe in den USA meiden, um eine Botschaft zu senden und die heimische Wirtschaft zu unterstützen.
Die politischen Parteien haben nun einen Monat Zeit, um die Wählerschaft zu überzeugen. Pierre Poilievre, der kanadische Konservative, sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, sich gegen seine eigenen Trump-ähnlichen Ansätze zu stellen. Sein „Canada First“-Ansatz, eine Anlehnung an Trumps „Make America great again“, hat bisher innerhalb seiner Partei Anhänger gefunden. Doch das Blatt hat sich gewendet: Die rechte Politik Trumps bewegt viele Kanadier nun vielmehr ins liberale Lager.
Mark Carney gilt als Krisenmanager, der seine Führungsstärke in sowohl nationalen als auch internationalen Krisen unter Beweis gestellt hat. Bekannt wurde er als Leiter der kanadischen Zentralbank während der Finanzkrise und als Zentralbankchef in Großbritannien während der Brexit-Turbulenzen. Aktuell plädiert er für eine diversifizierte internationale Zusammenarbeit jenseits der USA. Ob Carney seine Beliebtheit durch den bevorstehenden Wahlkampf tragen kann, bleibt spannend, da ihm begrenztes Charisma als mögliches Hindernis nachgesagt wird.