Juristisches Gezerre um Wikileaks-Ikone Assange

London (dpa) - Der in britischer Untersuchungshaft sitzende Wikileaks-Gründer Julian Assange kann nach der Entscheidung eines Londoner Gerichts auf baldige Freilassung gegen Kaution und strenge Auflagen hoffen.

Die schwedische Justiz legte am Dienstag allerdings umgehend Berufung ein. Nun muss das Oberste Zivilgericht bis spätestens Donnerstagnachmittag endgültig entscheiden. Mindestens solange wird Assange hinter Gittern bleiben.

Hunderte Anhänger von Assange, darunter die Menschenrechtlerin Bianca Jagger und andere Prominente, jubelten vor dem Londoner Gerichtsgebäude. Zu den Unterstützern des Internet-Aktivisten zählt auch der US-Filmemacher Michael Moore.

Assange muss im Falle einer Freilassung seinen Reisepass abgeben und eine elektronische Fußfessel tragen. Zudem sei er verpflichtet, sich an einem der Polizei bekannten Ort aufzuhalten und sich jeden Abend an der örtlichen Polizeistation zu melden, berichtete die BBC. Unabhängig von der Haftfrage verlangt Schweden weiterhin die Auslieferung des 39-Jährigen.

Die in bar zu hinterlegende Kaution soll 200 000 britische Pfund (rund 240 000 Euro) betragen. Hinzu kommen weitere 40 000 Pfund an zusätzlichen Sicherheitsgarantien. Das Geld ist nach Angaben von Assange-Anwalt Mark Stephens noch nicht zusammen. «Ein unschuldiger Mann bleibt im Gefängnis», bis die Summe in bar zusammengetragen sei, sagte er. «Sie scheuen keine Mühen, um Herrn Assange im Gefängnis zu halten», sagte Stephens mit Blick auf die schwedischen Behörden.

Am Abend brachten die Sicherheitsbehörden Assange wieder in das Gefängnis im Süden Londons. Er wird von der britischen Justiz auf der Grundlage eines EU-weiten Haftbefehls festgehalten, den Schweden ausgestellt hatte. Der 39-Jährige war vor einer Woche inhaftiert worden. Die schwedische Strafverfolgung wirft ihm sexuellen Missbrauch zweier Frauen vor. Die Anhänger des Internetaktivisten halten dies für vorgeschoben und vermuten politische Motive hinter der Inhaftierung.

Die schwedische Staatsanwaltschaft äußerte sich auf ihrer Website dazu, ob Assange später an die USA ausgeliefert werden könnte. Dies sei nur unter «ganz bestimmten Bedingungen möglich», hieß es. Zuvor müsse das Land zustimmen, das ihn innerhalb der EU an Schweden ausgeliefert habe. Das wäre in diesem Fall Großbritannien. «Schweden kann ohne eine solche Zustimmung keine Person etwa in die USA ausliefern», schrieb die Staatsanwaltschaft. US-Behörden streben juristische Schritte gegen den Wikileaks-Gründer an.

Wikileaks hatte tausende vertrauliche Dokumente mit Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan sowie über den Schriftverkehr internationaler Diplomaten veröffentlicht. Damit kam vor allem die US-Regierung in Erklärungsnot.

Kurz vor der erneuten Anhörung vor Gericht am Dienstag hatte Assange sich über seine Mutter Christine zu Wort gemeldet. «Ich fordere die Welt auf, meine Arbeit und meine Leute vor diesen illegalen und unmoralischen Handlungen zu schützen», ließ er mit Blick auf die Vorwürfe sexueller Vergehen gegen ihn mitteilen.

«Ich bleibe meinen Idealen, zu denen ich mich immer bekannt habe, treu», zitierte die Mutter den 39-Jährigen in einem Interview mit dem australischen Nachrichtensender «7 News». «Dieser Prozess hat meine Entschlossenheit eher noch bekräftigt.» Assanges Mutter hatte nach eigenen Angaben kurz mit ihrem Sohn telefonieren dürfen.

«Wir wissen jetzt, dass Visa, Mastercard und Paypal Instrumente der US-Außenpolitik sind», wurde er von seiner Mutter zitiert. In den vergangenen Tagen hatten Unterstützer von Wikileaks die Websites der Unternehmen angegriffen und zum Teil lahmgelegt. Am Dienstag war das Internet-Banking der Royal Bank of Scotland zeitweise nicht erreichbar. Ob es einen Zusammenhang zu Wikileaks gab, war zunächst nicht klar.

Assanges Anwalt Mark Stephens beschwerte sich über die Haftbedingungen seines Mandanten. Er dürfe seine Zelle nur für rund eine halbe Stunde am Tag verlassen und weder mit anderen Gefängnisinsassen Kontakt aufnehmen, noch die Bücherei nutzen oder Fernsehen schauen. Er stehe unter 24-Stunden-Überwachung. «Dies hier wird zu einem Schauprozess», beklagte der Jurist.

In Schweden waren im August zwei Frauen zur Polizei gegangen. Sie hatten von ungeschütztem Sex gegen ihren Willen mit Assange berichtet. Der Haftbefehl war zunächst mehrmals erlassen und wieder aufgehoben worden. Nachdem Schweden im November einen EU-weiten Haftbefehl gegen ihn ausgestellt hatte, hatte sich Assange am vergangenen Dienstag den britischen Behörden gestellt.

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Konflikte / Wikileaks / Großbritannien
14.12.2010 · 20:28 Uhr
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