Israelischer Minister fordert Papst Franziskus zur Klärung auf
Ein israelischer Regierungsminister hat Papst Franziskus für seine Äußerungen kritisiert, die nahelegen, die internationale Gemeinschaft solle prüfen, ob die militärische Offensive Israels im Gazastreifen als Völkermord an den Palästinensern eingestuft werden könnte. In einem offenen Brief, der in der italienischen Zeitung Il Foglio veröffentlicht wurde, äußerte sich der Minister für Diaspora-Angelegenheiten, Amichai Chikli, besorgt über die Verwendung des Begriffs 'Genozid'.
Chikli hob hervor, dass das jüdische Volk, das im Holocaust sechs Millionen seiner Angehörigen verloren hat, besonders sensibel auf die Trivialisierung des Begriffs 'Genozid' reagiert. Diese Trivialisierung nähere sich gefährlich einer Holocaust-Leugnung an, so Chikli. Er drückte seine Hoffnung aus, dass der Papst seine Position klären möge und nannte Franziskus einen 'lieben Freund des jüdischen Volkes'.
Der Vatikan hat bislang nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme zu diesem Schreiben reagiert. Israel weist Vorwürfe eines Genozids in Gaza als unbegründet zurück und betont, es gehe ausschließlich darum, Hamas-Militante und andere palästinensische bewaffnete Gruppen zu bekämpfen.
Franziskus, Kopf der 1,4 Milliarden Mitglieder zählenden römisch-katholischen Kirche, hat sich zuletzt ungewohnt deutlich zur militärischen Kampagne Israels gegen die Hamas geäußert. In den Buchauszügen, die von der italienischen Zeitung La Stampa veröffentlicht wurden, erwähnte der Papst, dass einige internationale Experten der Meinung seien, die Vorgänge in Gaza hätten Merkmale eines Völkermordes.
Es sei wichtig, eine sorgfältige Untersuchung durchzuführen, um zu klären, ob diese Ereignisse der technischen Definition von Genozid entsprechen, so der Pontifex. Nach Angaben der Behörden im Gazastreifen sind im Zuge von Israels Offensive mehr als 45.000 Palästinenser getötet und über 107.000 verletzt worden.
Ein Großteil der mehr als 2 Millionen Bewohner des Gebietes sei obdachlos oder vertrieben. Israel startete seine Offensive als Reaktion auf den Angriff der Hamas auf südisraelische Gemeinden am 7. Oktober 2023, der etwa 1.200 Tote und mehr als 250 Entführte zur Folge hatte.