Hype-App in der Kritik: TikTok benachteiligte Dicke, Behinderte und Homosexuelle
Die meisten großen chinesischen Internetkonzerne wie Alibaba, WeChat oder Baidu haben ein schmutziges Geheimnis: Sie profitieren sehr stark davon, dass die Regierung den Heimatmarkt massiv abschottet. Google und Facebook beispielsweise sind im Reich der Mitte gar nicht mehr vertreten. Die chinesischen Firmen haben sich also nicht in direkter Konkurrenz zu ihren westlichen Pendants durchgesetzt. Eine Ausnahme bildet allerdings die Firma ByteDance mit der populären App TikTok. Denn das Unternehmen kaufte im Jahr 2017 die beliebte US-Video-Applikation Musical.ly und ist seitdem auch in den Vereinigten Staaten und vielen anderen westlichen Staaten sehr erfolgreich. Mittlerweile wird ByteDance auf einen Unternehmenswert von 75 Milliarden Dollar geschätzt. TikTok erreichte zudem schneller als jede andere Social-Media-Plattform zuvor die Marke von einer Milliarde Nutzern.
Die Reichweitenvergabe ist alles andere als transparent
Doch die Erfolgsgeschichte ist nicht ganz frei von Kritik. Denn die TikTok-App besticht nicht gerade durch übermäßig viel Transparenz. So werden beispielsweise teilweise bestimmte Themen gegen Bezahlung gepusht, ohne dass dies für die Nutzer sichtbar würde. Noch schlimmer aber ist ein anderer Vorwurf: Die Betreiber stehen im Verdacht, unerwünschte Inhalte systematisch zu zensieren. So war in den letzten Monaten auf der Plattform auffallend wenig von den Protesten in Hongkong zu sehen. Diese Vorwürfe wies das Unternehmen aber entschieden zurück. In einem anderen Punkt musste nun aber ein Fehlverhalten eingeräumt werden: Recherchen des Portals Netzpolitik.org zufolge wurden Videos von Behinderten, Dicken und Homosexuellen auf TikTok systematisch in ihrer Reichweite beschnitten. Dies wurde inzwischen auch offiziell eingestanden.
Inzwischen wurde die Regelung wieder abgeschafft
Den Ausführungen des Unternehmens zufolge handelte es sich um eine inzwischen nicht mehr gültige Anweisung an die Moderatoren der Plattform. Diese sollten entsprechende Videos kennzeichnen, woraufhin diese deutlich seltener anderen Usern gezeigt wurden als üblich. Als Grund für diese Maßnahme wurden fehlgeleitete Bemühungen im Kampf gegen Mobbing benannt. Tatsächlich stand TikTok – ähnlich wie viele andere Social-Media-Unternehmen – in der Kritik, weil zu wenig gegen Cybermobbing unternommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde in China dann wohl die umstrittene Richtlinie ersonnen. Damit aber wurden nicht etwa die Täter bestraft, sondern die Opfer – was dem vermeintlich edlen Ziel dann doch widerspricht. Dies scheint man inzwischen auch bei TikTok so zu sehen: Ein Unternehmenssprecher betonte jedenfalls, dass die Regelung zugunsten „nuancierterer Anti-Mobbing-Verfahrensweisen und Schutzmaßnahmen“ wieder verworfen wurde.
Via: Netzpolitik