Holbrooke: Verständnis für Haltung der Kanzlerin

Düsseldorf (dpa) - Die USA wollen keinen Druck auf Deutschland ausüben, mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Das sagte der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, dem «Handelsblatt».

«Die Bundeswehr hat schon mehr als 30 Soldaten in Afghanistan verloren, das ist historisch», sagte Holbrooke. Er habe daher Verständnis für die Haltung der Kanzlerin, mit einer Entscheidung über zusätzliche Truppen bis zur Afghanistan- Konferenz im Januar zu warten. Die deutsche Präsenz im Norden Afghanistans sei extrem wichtig. «Es bleibt den Deutschen selbst überlassen, über das weitere Vorgehen zu entscheiden», betonte Holbrooke.

Auch vom Treffen der Nato-Außenminister am Freitag in Brüssel erwarte er keine konkreten Zusagen. «Von unseren Alliierten erwarten wir keine Zahlen, sondern politische Zusagen», so Holbrooke. Allerdings sollten sich die Verbündeten bewusst sein, was auf dem Spiel steht. «Wenn das westliche Bündnis hier keinen Erfolg hat, werden wir einen sehr ernsten Anstieg der Gewalt erleben. Afghanistan ist der ultimative Test für die Nato und das gesamte westliche Bündnis», sagte Holbrooke.

International ist die von Präsident Barack Obama verkündete neue Afghanistan-Strategie der USA überwiegend auf Zustimmung gestoßen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich erfreut, dass der Vorschlag die militärischen und zivilen Bemühungen gleich gewichte. Partner und Verbündete der USA begrüßten die Ankündigung Obamas, 30 000 zusätzliche US-Soldaten nach Afghanistan zu entsenden.

Verhalten äußerte sich die pakistanische Regierung. Sie forderte eine enge Abstimmung des US-Vorgehens im Nachbarland. Die Taliban kündigten an, den ausländischen Truppen erbitterten Widerstand zu leisten.

Nach acht Jahren Krieg will Obama durch die massive Aufstockung der US-Truppen bis Mitte 2011 in Afghanistan die militärische Wende erzwingen. Dann soll auch der Abzug der US-Truppen beginnen, kündigte der US-Präsident in der Nacht zum Mittwoch bei einer Rede in der Militärakademie West Point an.

Der UN-Generalsekretär begrüße Obamas neue Strategie, da sie besonderen Wert auf eine Stärkung der afghanischen Institutionen lege, sagte ein Sprecher Bans am Mittwoch in New York. Der Aufbau eigener Sicherheitsstrukturen im Land sei ein langer, aber notwendiger Prozess, um die internationalen Bemühungen in Afghanistan dauerhaft zu sichern.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen stellte in Aussicht, dass auch die Verbündeten der USA die Zahl ihrer Soldaten in Afghanistan im kommenden Jahr deutlich verstärken werden. «Dies ist nicht bloß Amerikas Krieg», sagte er in Brüssel. 2010 würden die Verbündeten mindestens 5000 zusätzliche Soldaten entsenden, «möglicherweise ein paar Tausend mehr». Auch der britische Premierminister Gordon Brown forderte mehr Truppen von den NATO- Partnern. «Ich rufe alle Verbündeten auf, die Strategie von US- Präsident Obama zu unterstützen», sagte er in London.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hält eine Debatte über eine Aufstockung der Bundeswehrtruppen in Afghanistan allerdings für verfrüht. Das sei vor der Londoner Afghanistan-Konferenz am 28. Januar «weder sinnvoll noch angebracht», sagte Westerwelle in Berlin. «Die amerikanische Regierung erwartet ja auch nicht von uns eine Antwort, bevor wir auf der Afghanistan-Konferenz auch mit unseren Verbündeten - vor allem aber auch mit der afghanischen Regierung - gesprochen haben.»

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nannte die Rede von US- Präsident Barack Obama zu Afghanistan «mutig, entschlossen und klarsichtig». Ebenso wie die deutsche Regierung verwies der Élysée- Palast am Mittwoch auf die Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London. Positive Reaktionen kamen auch von den Regierungen in Rom und Wien. Polen wird sein Kontingent in Afghanistan voraussichtlich um 600 Soldaten aufstocken. Das sagte Regierungssprecher Pawel Gras. An der NATO-Mission in Afghanistan beteiligen sich bisher etwa 2000 polnische Soldaten.

In den Niederlanden hat die Ankündigung der amerikanischen Truppenverstärkung in Afghanistan einen neuen Streit über das eigene militärische Engagement am Hindukusch ausgelöst. Während der christdemokratische Außenminister Maxime Verhagen Obamas Afghanistan- Strategie lobte, betonten die mitregierenden Sozialdemokraten am Mittwoch, Hollands Einsatz in Afghanistan müsse wie geplant 2010 beendet werden.

Der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta reagierte positiv auf die Rede Obamas. Die überarbeitete Strategie ermögliche es seinem Land, in den nächsten Jahren die Verantwortung selbst zu übernehmen. «Wir müssen die Afghanisierung in den Bereichen Sicherheit und Regierungsführung beschleunigen. Es ist die Pflicht der Afghanen, die Last auf den eigenen Schultern zu tragen», sagte Spanta.

Die Regierung in Islamabad warnte vor möglichen negativen Auswirkungen in Pakistan. «Pakistan und die USA müssen sich eng abstimmen, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen», teilte Außenamtssprecher Abdul Basit mit. Die Regierung in Islamabad hat wiederholt davor gewarnt, dass eine Aufstockung der westlichen Truppen im Nachbarland zu einem erhöhten Zustrom von Taliban-Kämpfern nach Pakistan führen werde. Nach dem Sturz der radikalislamischen Taliban in Afghanistan 2001 hatten diese zusammen mit ihren verbündeten El-Kaida-Kämpfern in den halbautonomen Stammesregionen im pakistanischen Grenzgebiet Unterschlupf gesucht.

Konflikte / USA / Afghanistan
03.12.2009 · 07:29 Uhr
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