Gutachten: Militärschlag in Syrien war völkerrechtswidrig

Berlin/Damaskus (dpa) - Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat den von Deutschland unterstützten Militärschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen Syrien als völkerrechtswidrig eingestuft.

«Der Einsatz militärischer Gewalt gegen einen Staat, um die Verletzung einer internationalen Konvention durch diesen Staat zu ahnden, stellt einen Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot dar», heißt es in einem elfseitigen Gutachten, das von der Linksfraktion in Auftrag gegeben wurde und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Darin wird auch die rechtliche Begründung Großbritanniens für den Vergeltungsschlag als Reaktion auf einen mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz durch die Regierungstruppen von Präsident Baschar al-Assad als «nicht überzeugend» verworfen. Die Briten hatten argumentiert, dass das Völkerrecht in Ausnahmefällen Maßnahmen zulässt, um überwältigendes menschliches Leid zu verhindern.

Nach Auffassung der Bundestags-Wissenschaftler waren die Voraussetzungen dafür nicht gegeben. Es sei unter anderem fraglich, «ob die Militärschläge wirklich geeignet sind, weiteres Leid zu verhindern, insbesondere mit Blick auf die mutmaßlich künftigen Opfer des Syrien-Konflikts», heißt es in dem Gutachten.

Der Militärschlag vor gut einer Woche war ohne Genehmigung des UN-Sicherheitsrats erfolgt, dem auch das mit der Assad-Regierung verbündete Russland angehört. Deutschland hatte sich nicht militärisch beteiligt, das Vorgehen der drei großen Nato-Verbündeten aber politisch unterstützt und den Angriff als «erforderlich und angemessen» bezeichnet. Eine rechtliche Grundlage dafür hat die Bundesregierung bisher nicht dargelegt. Von den beteiligten Ländern hat nur Großbritannien den Einsatz völkerrechtlich begründet.

Die Linken-Abgeordneten Heike Hänsel und Alexander Neu nannten das Gutachten «eine Ohrfeige für die Bundesregierung». Sie habe einen «gravierenden Völkerrechtsbruch» unterstützt und damit selbst zur Erosion dieses Regelwerkes beigetragen. Die Linken-Politiker kritisierten auch, dass unterschiedliche militärische Interventionen mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen würden. Als Beispiele nannten sie den Kosovo-Krieg und die Vereinnahmung der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland. «Auf diese Weise wird das Völkerrecht zu einem Diffamierungsinstrument reduziert», kritisieren die beiden Politiker.

Auch das Gutachten geht auf diese Problematik ein. In den völkerrechtlichen Kommentaren zum Militärschlag in Syrien sei darauf hingewiesen worden, dass politische und rechtliche Glaubwürdigkeit davon abhingen, «dass bei der völkerrechtlichen Beurteilung von Militäroperationen nicht mit zweierlei Maß gemessen» werde, heißt es darin.

Auch in der Bevölkerung ist die Militäraktion der USA, Frankreich und Großbritannien umstritten. Nach einer Yougov-Umfrage halten nur 36 Prozent der Befragten die Reaktion für angemessen, während 38 Prozent den Angriff als unangemessen bewerten. 62 Prozent glauben nicht, dass damit die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Giftgaseinsatzes durch das Assad-Regime verringert wurde.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow wiederholte indes bei einer Pressekonferenz in Moskau den Vorwurf, dass Moskau starke Beweise vorlägen, die belegten, dass Großbritannien an der Fabrizierung der mutmaßlichen Giftgasattacke in Duma in der früheren Rebellenhochburg Ost-Ghuta beteiligt gewesen sei.

Am Vortag hatte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa auch eine Spur nach Deutschland gelegt: «In den befreiten Teilen von Ost-Ghuta haben die syrischen Regierungstruppen Container mit Chlor aus Deutschland gefunden und Rauchgranaten, die in Salisbury/Großbritannien hergestellt worden sind.»

Die Bundesregierung sagte am Freitag, es lägen keine eigenen Erkenntnisse darüber vor. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts betonte, es gebe einen «Genehmigungsvorbehalt» in der EU für Chlorausfuhren nach Syrien, es würden auch derzeit keine Genehmigungen erteilt. In den vergangenen Jahren seien auch keine Ausfuhranträge gestellt worden.

Chlor werde in vielen anderen Bereichen - etwa zur Trinkwasseraufbereitung - verwendet. «Der Stoff an sich ist nicht verboten.» Man sollte sich da nicht ablenken lassen, sagte der Sprecher. «Das Entscheidende ist der Einsatz von Chlor als Waffe.»

Experten der Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) sitzen bereits seit Tagen in der syrischen Hauptstadt Damaskus fest. Die Untersuchung des mutmaßlichen Orts der Attacke in dem bis vor zwei Wochen von islamistischen Rebellen kontrollierten Duma war bis Freitag noch nicht möglich. Sicherheitsmitarbeiter der Vereinten Nationen waren zuletzt unter Beschuss geraten, als sie die Sicherheitslage für das OPCW-Team erkunden wollten.

Am 7. April hatten Aktivisten und Hilfsorganisationen von einer mutmaßlichen Attacke mit Giftgas in der Stadt berichtet. Nach Angaben der Zivilschutzorganisation Weißhelme wurden dabei mehr als 40 Menschen getötet.

Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) ist verantwortlich für die Umsetzung der Chemiewaffenkonvention aus dem Jahre 1997. Sie ist eine unabhängige internationale Organisation, arbeitet aber eng mit den Vereinten Nationen zusammen. Die OPCW soll die von den Vertragsstaaten angegebenen C-Waffenbestände und Produktionsanlagen überprüfen, den Staaten bei der Vernichtung der Waffen technische Hilfe leisten und die Zerstörung der Bestände kontrollieren. 2013 wurde die OPCW mit Hauptsitz im niederländischen Den Haag mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Fast alle Staaten der Welt sind Mitglied.

Konflikte / Syrien / Russland / USA / Deutschland
20.04.2018 · 22:53 Uhr
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