Großoffensive mit 15 000 Soldaten gegen Taliban

Kabul/Washington (dpa) - Mit der größten Offensive seit dem Sturz des Taliban-Regimes vor mehr als acht Jahren versuchen ausländische und afghanische Truppen, in Afghanistan eine Wende zu erzwingen. 15 000 Soldaten sind seit Samstag auf dem Vormarsch.

Sie sollen die radikal-islamischen Aufständischen aus ihren Hochburgen in den Distrikten Mardscha und Nad Ali in der südafghanischen Provinz Helmand vertreiben. Offiziell führen die Afghanen das Kommando. Anders als früher war die Offensive diesmal angekündigt, um Zivilisten zu warnen. Zudem soll die Bevölkerung nach dem Ende der Operation diesmal nicht wieder alleingelassen werden.

Obwohl die Soldaten ersten Angaben zufolge bei der noch vor Tagesanbruch begonnenen Großoffensive «Muschtarak» («Gemeinsam») zunächst auf wenig Widerstand in Mardscha gestoßen waren, kamen zwei Angehörige der ISAF-Truppen ums Leben. Ein britischer Soldat wurde getötet, als er bei einer Patrouille in eine Sprengfalle geriet, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Ein zweiter starb in einem Feuergefecht, hieß es von der ISAF. Seine Nationalität war zunächst nicht bekannt. Drei US-Soldaten wurden den Angaben zufolge bei einem Anschlag getötet, sie nahmen aber nicht an der Offensive teil. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kabul, Sahir Asimi, sagte, 20 Aufständische seien getötet worden.

Die größten Kontingente der ausländischen Truppen bei der Operation «Muschtarak» stellen Amerikaner und Briten. Außerdem nehmen Soldaten aus Kanada, Dänemark, Estland und Frankreich teil. Der afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak sagte, die Soldaten würden «wie geplant» vorstoßen. Amerikanische Truppen meldeten am Vormittag erste Erfolge. So sei es einer kleinen Vorhut von 200 Mann gelungen, in Randgebiete der Stadt Mardscha vorzudringen, berichtete der US-Sender CNN.

Die «New York Times» berichtete, im Norden der Stadt seien Marineinfanteristen per Hubschrauber an einer Kreuzung abgesetzt worden, sie hätten umliegende Häuser gesichert. Ein Offizier der Marineeinheit bezeichnete die Stadt als «Hornissennest». Die afghanischen und ausländischen Soldaten seien zu Fuß, in Lastwagen und mit Hubschraubern auf dem Vormarsch, sagte US-Armeesprecher Abraham Sipe. Die Taliban hätten «minimalen Widerstand» geleistet.

US-Militärs befürchteten aber, dass die Taliban Sprengfallen im Kampfgebiet versteckt haben. Um den Weg freizuräumen, setzt das US- Militär nach CNN-Informationen erstmals auch einen «Minenbrecher» ein. Das 70 Tonnen schwere «Assault Breacher Vehicle» (ABV), ein umgebauter Panzer, kann Minen überfahren und mit Greifarmen und einer riesigen Schaufel Sprengsätze unschädlich machen.

Bereits vor Beginn der Offensive hatte Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi gedroht, die Aufständischen würden Mardscha verteidigen und hätten rund um die gleichnamige Distrikthauptstadt Sprengfallen versteckt. In der Taliban-Hochburg verschanzen sich unterschiedlichen Angaben zufolge etwa 1000 Kämpfer. Die großen Nachrichtensender zeigten Bilder, wie US-Truppen mit schwerem Gerät vorrücken.

US-Präsident Barack Obama hatte für dieses Jahr eine massive Eskalation des seit Ende 2001 andauernden Krieges angekündigt und rund 30 000 zusätzliche US-Truppen in Marsch gesetzt, um die wieder erstarkten Taliban zu besiegen.

US-Brigadegeneral Lawrence Nicholson sagte laut «Washington Post»: «Wir werden Mardscha den Taliban wegnehmen.» Das könne «zu einer grundlegenden Veränderung in Helmand führen» und möglicherweise in ganz Afghanistan. Der britische Brigadegeneral James Cowan sagte, die Operation werde den Anfang vom Ende des Aufstands markieren. Dazu haben die Militärs auch anders als früher vor, nach der Vertreibung der Taliban der Bevölkerung eine Perspektive zu bieten und einen Vorposten der Kabuler Regierung zu installieren.

Die Truppen gingen mit «überwältigender Gewalt» gegen jene Aufständischen vor, die das Angebot der Regierung nicht annehmen wollten, sich zu integrieren und sich in den politischen Prozess einzugliedern, teilte die ISAF mit. Präsident Hamid Karsai rief alle Taliban-Kämpfer dazu auf, die Gelegenheit zu nutzen, um der Gewalt abzuschwören und sich in die Gesellschaft einzugliedern.

Vor Beginn der seit Tagen angekündigten Offensive waren zahlreiche Zivilisten aus Mardscha und Umgebung in die Provinzhauptstadt Laschkarga geflohen. Der Bezirk Mardscha war bisher unter vollständiger Kontrolle der Taliban und Afghanistans wichtigstes Handelszentrum für Rohopium. Die Taliban finanzieren sich auch mit dem Drogenhandel. In dem Gebiet leben mehr als 120 000 Menschen, allein die Einwohnerzahl der gleichnamigen Bezirkshauptstadt Mardscha wird auf rund 80 000 geschätzt.

Konflikte / Afghanistan
13.02.2010 · 18:43 Uhr
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