Gleiche Erbschaftsteuer für homosexuelle Paare

Karlsruhe/Berlin (dpa) - Homosexuelle Lebenspartner dürfen bei der Erbschaftsteuer nicht mehr schlechter gestellt werden als heterosexuelle Ehegatten.

Das entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Es sei mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz unvereinbar, Schwule und Lesben beim Freibetrag und beim Steuersatz zu benachteiligen, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss (Az. 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07). Die Entscheidung ist ein wesentlicher Schritt zur Gleichstellung schwuler und lesbischer Partnerschaften. Die FDP und die Opposition fordern nun auch, Benachteiligungen in der Homo-Ehe bei der Einkommensteuer abzuschaffen.

Nach Ansicht der Karlsruher Richter lässt es sich nicht allein mit dem besonderen staatlichen Schutz von Ehe und Familie rechtfertigen, dass heterosexuelle Eheleute steuerlich bevorzugt werden. Lebenspartner lebten «wie Ehegatten in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft». Auch sie hätten die Erwartung, den gemeinsamen Lebensstandard halten zu können, falls ihr Partner sterbe. Das höchste deutsche Gericht gab damit den Verfassungsbeschwerden eines 70-jährigen Mannes aus der Eifel und einer 46-Jährigen aus Oldenburg statt. Beide waren 2001 Lebenspartnerschaften eingegangen; kurz darauf starben ihre jeweiligen Partner.

In drei Punkten erklärten die Richter des Ersten Senats unter Vizepräsident Ferdinand Kirchhof die bisherige Regelung für unzulässig: Während Ehepartner bislang einen persönlichen Freibetrag in Höhe von 307 000 Euro geltend machen konnten, blieben für Lebenspartner nur 5200 Euro steuerfrei. Vom sogenannten Versorgungsfreibetrag von 256 000 Euro für Eheleute blieben Lebenspartner ganz ausgeschlossen. Schließlich galt bei Erbschaften für Eheleute eine günstigere Steuerklasse als für Lebenspartner.

Die Ungleichbehandlung sei auch nicht dadurch gerechtfertigt, «dass grundsätzlich nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen können», heißt es in dem Beschluss. Schließlich mache auch das geltende Recht «die Privilegierung der Ehe nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig».

Das Bundeskabinett hat bereits im Entwurf des Jahressteuergesetzes beschlossen, dass Lebenspartner und Ehegatten im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht für das Jahr 2010 gleichgestellt werden. Deshalb bewertet Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) das Urteil als Bestätigung der schwarz-gelben Politik.

Die Opposition bemängelte allerdings, dass die Regierungspläne zur Erbschaftsteuer bislang keine rückwirkende Gleichstellung vorsahen. Die Grünen sprachen vor diesem Hintergrund vor einer «Blamage» für die Justizministerin. Die Karlsruher Richter verpflichteten die Koalition jetzt, eine verfassungskonforme Regelung für Altfälle zu schaffen - rückwirkend bis zum Jahr 2001, in dem in Deutschland die Homo-Ehe eingeführt wurde.

Forderungen nach weiteren Gleichstellungs-Maßnahmen kommen nicht nur aus der Opposition, sondern auch von den Freidemokraten. «Die FDP erwartet nun vom Koalitionspartner, dass er seinen Widerstand gegen die Gleichstellung auch bei der Einkommensteuer aufgibt», erklärte der Bundestagsabgeordnete Michael Kauch. Nach Angaben des Verfassungsgerichts sind bereits drei Beschwerden homosexueller Lebenspartner gegen die Regelung zum Ehegattensplitting anhängig. Mit einer Entscheidung sei jedoch in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck und der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordern neben einer steuerlichen Gleichstellung auch den Abbau von Nachteilen im Beamtenrecht. Die Schwusos - die Lesben und Schwulen in der SPD - wollen die Gleichbehandlung auch auf das Adoptionsrecht erweitern. Barbara Höll sprach sich am Dienstag sogar dafür aus, «die Ehe für Lesben und Schwule zu öffnen».

Urteile / Gesellschaft
17.08.2010 · 16:24 Uhr
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