Genua nimmt Abschied von den Opfern des Brückeneinsturzes

Rom (dpa) - Bei der Trauerfeier für Opfer des Brückeneinsturzes von Genua haben die versammelten Gäste Regierungspolitiker und Fußballer mit großem Applaus begrüßt.

Die Spieler der beiden örtlichen Serie-A-Teams, CFC Genua und Sampdoria, konnten an den Feierlichkeiten am Samstagvormittag teilnehmen, weil die italienische Fußball-Liga ihre für das Wochenende geplanten Spiele nach dem Unglück verschoben hatte.

Besonders warm wurden auch Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega, der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung und Minister für Wirtschaftliche Entwicklung, Luigi Di Maio, sowie Präsident Sergio Mattarella empfangen. Vor Beginn der Zeremonie hatte Mattarella mehrere Minuten mit den Angehörigen der Opfer gesprochen.

Die Trauerfeier fand für 18 der Todesopfer statt. Die Angehörigen der übrigen Toten blieben der Feier fern. Einige nannten gegenüber Medien Verärgerung über die Regierung als Grund, andere wollten demnach ihre Privatsphäre wahren.

Auch in anderen Städten des Landes wird getrauert: An allen Flughäfen gab es um 11.30 Uhr eine Schweigeminute. In der Hauptstadt Rom gehen zwischen 22.00 und 23.00 Uhr am Kolosseum ebenso wie am Trevibrunnen und dem Rathaus auf dem Kapitol die Lichter aus, die diese historischen Bauwerke gewöhnlich nachts anleuchten.

Die EU-Kommission lässt als Zeichen der Solidarität mit Italien vor ihren Gebäuden halbmast flaggen. Auch im Fürstentum Monaco wird halbmast geflaggt. Dessen Herrscherfamilie Grimaldi hat ihre Wurzeln in Genua.

Am Dienstag war während eines Unwetters ein etwa 180 Meter langer Abschnitt des wichtigen Polcevera-Viadukts in der italienischen Hafenstadt in die Tiefe gestürzt und hatte zahlreiche Fahrzeuge mitgerissen. Mindestens 41 Menschen kamen dabei ums Leben.

Rettungskräfte bargen Medienberichten zufolge die Leiche des letzten Vermissten. Feuerwehrleute zogen den Mann aus den Trümmern der eingestürzten Brücke, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Samstag berichtete. Der Zivilschutz bestätigte den Fund, womit die Zahl der Todesopfer nach dem Unglück am Dienstag auf 42 stieg. Offiziell bestätigt sind derzeit 39 Tote.

Drei Leichen müssen über forensische Untersuchungen zunächst identifiziert werden. Ansa hatte am Samstagmorgen berichtet, es handle sich um ein 9-jähriges Mädchen und seine Eltern. Die drei seien am Dienstag mit dem Auto auf der Morandi-Brücke unterwegs gewesen, als die Straße unter ihnen nachgab.

In Krankenhäusern liegen noch zehn Verletzte, sechs von ihnen sind nach Angaben der Präfektur in kritischem Zustand.

Die Regierung in Rom hat den Druck auf den Autobahnbetreiber verstärkt und mit Konsequenzen gedroht. Das Verkehrsministerium leitete eine Untersuchung der privaten Betreibergesellschaft Autostrade per l'Italia ein. Sie forderte sie am Donnerstagabend auf, binnen 15 Tagen nachzuweisen, dass sie all ihren Instandhaltungspflichten nachgekommen sei. Italiens Arbeitsminister und Vize-Premier Lugi di Maio drohte am Freitag der Autobahngesellschaft zum wiederholten Male mit Lizenzentzug.

Autostrade per l'Italia wies die Verantwortung für den verheerenden Brückeneinsturz von sich. «Wir denken nicht, dass die Voraussetzungen vorliegen, Verantwortung für ein Ereignis zu übernehmen, dessen Ursache zunächst noch ermittelt werden muss», sagte Hauptgeschäftsführer Giovanni Castellucci.

Castellucci entschuldigte sich zugleich, nicht genügend Mitgefühl für die Opfer gezeigt zu haben. Er versprach den Opferfamilien und den Menschen zu helfen, die infolge des Unglücks ihre Häuser verlassen mussten. Rund 600 Menschen waren nach dem Einsturz der Brücke gezwungen, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen. Die Gebäude, die teils unterhalb der Brücke stehen, müssen nach Behördenangaben abgerissen werden.

Seine Gesellschaft könne eine neue Brücke in acht Monaten bauen, sobald die nötigen Genehmigungen vorlägen, sagte Castellucci weiter. Premierminister Giuseppe Conte hatte am Freitag einen Prozess eingeleitet, um der der privaten Betreibergesellschaft Autostrade per l'Italia ihre Lizenz zu entziehen.

Ebenfalls am Freitag hatten Experten erste Vermutungen für die Ursache des Unglücks genannt. Möglicherweise sei der Einsturz durch den Riss eines Tragseils verursacht worden, hieß es.

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Der Polcevera-Viadukt, auch Ponte Morandi genannt, ist eine vierspurige Autobahnbrücke in der italienischen Hafenstadt Genua. Sie ist Teil der Autobahn 10 entlang der Riviera. Das 1967 eingeweihte Bauwerk aus Spannbeton führt über das Polcevera-Tal und überquert den gleichnamigen Fluss, Bahnanlagen sowie Wohn- und Gewerbegebiete.

Die vom italienischen Ingenieur Riccardo Morandi (1902-1989) entworfene elegante Schrägseilbrücke gilt als ein Meisterwerk der Architektur des 20. Jahrhunderts. Der etwa 1100 Meter lange Viadukt wird von 90 Meter hohen Pylonen - drei davon mit Schrägseilen - gestützt.

Notfälle / Verkehr / Genua / Trauerfeier / Autobahnbrücke / Brückeneinsturz / Italien
18.08.2018 · 19:23 Uhr
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