Geißler: Zeit der "Basta-Entscheidungen" vorbei
Berlin (dpa) - Der Schlichter Heiner Geißler hat die Entscheidungsprozesse beim umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 scharf kritisiert. «Staatliche Entscheidungen bei solch gravierenden Projekten ohne Einbindung der Bürger gehören dem vorherigen Jahrhundert an», sagte er der «Bild am Sonntag».
Geißler weiter: «Die Schlichtung ist ein deutliches Signal dafür, dass in Deutschland die Zeit der Basta-Entscheidungen vorbei ist.»
Wenn Stuttgart 21 gekippt würde, kämen auf die Bahn Kosten in Höhe von über drei Milliarden Euro zu. Nach Informationen der Zeitung hat die Bahn bereits 1,43 Milliarden Euro in das Projekt gesteckt. Bei einem Ausstieg müsste die Bahn zusätzlich 1,8 Milliarden Euro in die Erneuerung des Gleisvorfeldes des bisherigen Bahnhofes investieren.
Ungeachtet der angelaufenen Schlichtung haben am Samstag wiederum tausende Gegner des Bahnprojekts in der baden-württembergischen Landeshauptstadt demonstriert. Bei regnerischem Herbstwetter kamen aber deutlich weniger Menschen als von den Veranstaltern erwartet. Später besetzten Demonstranten vorübergehend den Südflügel des Hauptbahnhofs.
Die Stuttgart-21-Gegner hatten auf 100 000 Teilnehmer gehofft, im Regen auf dem Schlossplatz standen nach ihren Angaben aber gerade einmal 25 000. Die Polizei zählte sogar nur 18 000 Menschen. Gangolf Stocker von der Initiative «Leben in Stuttgart - kein Stuttgart 21» verteidigte seine Teilnahme an der Schlichtung, obwohl kein vollständiger Baustopp verhängt worden ist. Die öffentliche Übertragung im Internet gebe die Möglichkeit, den Widerstand «in jedes Dorf in Deutschland zu tragen».
Am Abend räumte die Polizei den besetzten Südflügel des Hauptbahnhofs. Etwa 35 Besetzer hätten nach einer guten Stunde weitgehend freiwillig aufgegeben, sagte ein Polizeisprecher.