Gasstreit eskaliert: Minsk blockiert Transit in EU

Moskau/Brüssel/Minsk (dpa) - Neuer Nervenkrieg um Gas: Mit einer Blockade des Gastransits in die Europäische Union hat Weißrussland für eine Eskalation des Streits mit Russland gesorgt.

Aus Ärger über die Drosselung russischer Gaslieferungen um 30 Prozent ließ der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko am Dienstag den Transit in den Westen einstellen. Der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, sprach von ersten «Kürzungen» in Deutschland und Litauen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte, er fürchte keinen Engpass bei der Versorgung. Moskau und Minsk werfen sich in ihren Gasgeschäften gegenseitig Millionenschulden vor. Der russische Staatsmonopolist Gazprom liefert noch 70 Prozent der üblichen Menge.

Im Winter 2009 hatte ein «Gaskrieg» zwischen Russland und der Ukraine zu Lieferengpässen auch in der EU geführt. Wegen des Sommers und der gefüllten Speicher fürchten die Versorger zwar zunächst keine gravierenden Auswirkungen des Konflikts zwischen Moskau und Minsk für die Verbraucher in der EU. Experten erwarten allerdings, dass sich der Konflikt der beiden Ex-Sowjetrepubliken weiter zuspitzt.

Russische Medien sehen in dem Streit auch ein Druckmittel, um Weißrusslands Widerstand gegen eine von Moskau angestrebte Dreier- Zollunion mit Russland und Kasachstan zu brechen. Lukaschenko ist zudem dringend auf Hilfe aus Moskau angewiesen, um seine Macht bei den bevorstehenden Präsidentenwahlen zu sichern.

«Nach unseren Informationen wird russisches Gas nicht in der früher vereinbarten Menge nach Europa gepumpt, betroffen sind Litauen und Ostdeutschland», sagte Buzek am Abend bei einem Treffen mit dem russischen Energieminister Sergej Schmatko in Moskau. Buzek schlug vor, unabhängige Experten mit einem Mandat des Europaparlaments nach Weißrussland zu entsenden, um den Gasfluss dort zu kontrollieren.

Von der Blockade ist nach Einschätzung von Experten besonders das EU-Mitglied Litauen betroffen, da das baltische Land zu 100 Prozent über diesen Weg versorgt wird. Im Notfall soll das benachbarte Lettland für gut eine Woche aushelfen. «Was nach dieser Woche geschähe, wissen wir nicht», sagte die Sprecherin von EU-Energiekommissar Günther Oettinger, Marlene Holzner, in Brüssel. Auch die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad um das frühere Königsberg könnte von Lieferungen ausgeschlossen werden.

«Der Gasverbrauch ist im Moment jahreszeitlich bedingt gering, die Speicher sind gut gefüllt, und uns stehen alternative Lieferungsmöglichkeiten zur Verfügung», sagte Brüderle in Berlin. Europa erhält gut 6,25 Prozent seines Gases über Weißrussland. Deutschland bezieht zwischen 2 Millionen und 2,5 Millionen Kubikmeter Gas täglich auf diesem Wege und füllt vor allem seine Speicher auf.

Russland habe zugesichert, im Fall von Sperrungen auf das ukrainische Transitsystem auszuweichen. Die Ukraine, die nach einem Machtwechsel in diesem Jahr wieder prorussisch geführt wird, signalisierte Bereitschaft. Weißrussland warf Gazprom vor, 260 Millionen US-Dollar (rund 212 Millionen Euro) für das Durchleiten von Gas nicht bezahlt zu haben. Diese Summe könnte mit den 192 Millionen US-Dollar verrechnet werden, die Weißrussland seinerseits dem Nachbarn schulde, schlug Lukaschenko in Minsk bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow vor. Andernfalls drohe der Ausbruch eines «Gaskriegs». Moskau lehnt bisher eine Verrechnung ab.

Russland drehte seinem Nachbarn am Dienstagmorgen den Gashahn noch weiter zu. Die Lieferungen nach Weißrussland sollen um bis zu 85 Prozent der üblichen Menge gekürzt worden, wenn der Nachbar nicht zahlt. Zwar hatte Minsk erklärt, das Geld bis 5. Juli zahlen zu wollen. Gazprom will aber nicht noch diese zwei Wochen warten.

Website der EU-Kommission

Homepage Gazprom

Energie / Gas / Russland / Weißrussland
22.06.2010 · 21:54 Uhr
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