Federal Reserve vor Zinsentscheid: Viertel- oder Halbprozent?
Diese Woche steht ein spannender Zinsentscheid der Federal Reserve an: Wird der Leitzins um ein klassisches Viertelprozent oder um ein ungewöhnliches halbes Prozent gesenkt? Nun, diese Differenz mag trivial erscheinen, könnte aber erhebliche Auswirkungen auf die Märkte haben.
Fed-Vertreter stehen vor der Herausforderung, zwischen der Verhinderung einer zu schnellen Abkühlung des Arbeitsmarkts und dem endgültigen Niederkämpfen der Inflation abzuwägen. Eine kleine Zinssenkung könnte in den kommenden Monaten durch größere Schritte ergänzt werden. Umgekehrt wäre eine größere Senkung ein Zeichen dafür, dass die Fed sich mehr Sorgen um die schnelle Abkühlung des Arbeitsmarkts macht.
Durch die Reduzierung von Zinsen werden die Kreditkosten für Verbraucher und Unternehmen gesenkt, was die Konjunktur belebt. Hingegen werden Zinsen erhöht, um übermäßiges Wachstum zu dämpfen und die Inflation zu reduzieren. Die meisten Maßnahmen der Fed sind weit im Voraus angekündigt. Daher ist die derzeitige Ungewissheit, wie sie diese Woche handeln wird, eine Seltenheit.
Nationwide-Chefökonomin Kathy Bostjancic beschreibt die Situation als "Münzwurf". Ihre Sorgen beziehen sich hauptsächlich auf den Jobmarkt, der zwar abgekühlt, aber nicht kollabiert ist. Fed-Gouverneur Christopher Waller erklärte, dass ein markanter Anstieg der Arbeitslosigkeit schnelle und entschiedene Maßnahmen erfordern würde.
Interessanterweise bevorzugen mehrere ehemalige Fed-Politiker eine größere Zinssenkung. Laut den Terminmärkten liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Halbpunktbewegung bei über 65%.
Wie die Analysten von Goldman Sachs und Barclays betonen, ist die erhöhte Arbeitslosenquote eher auf den Zustrom von Einwanderern zurückzuführen als auf Massenentlassungen. Ohne dramatische Wirtschaftskrisen wie die Rezession von 2007-09 oder den Corona-bedingten Abschwung von 2020 gibt es derzeit keine Notwendigkeit für größere Zinssenkungen. Die günstigen Finanzierungsbedingungen unterstützen Verbraucher und Unternehmen, und die Prognosen für die wirtschaftliche Leistung bleiben robust.
Die Gesamtinflation hat sich im August zwar abgeschwächt, doch ein Kernmaß stieg überraschend an, was zeigt, dass die Inflation noch nicht vollständig besiegt ist. Deshalb könnten Zinssenkungen eher schrittweise erfolgen, wie Dan North von Allianz Trade North America meint, um keine Panik zu erzeugen.
Es gibt jedoch Argumente für eine größere Zinssenkung. Die gedämpfte Jobzunahme und die niedrigsten Stellenangebote seit Januar 2021 deuten auf Schwächen im Arbeitsmarkt hin. Sollte dies zu einem Rückgang der Konsumausgaben führen, wären weitere Entlassungen denkbar, was die Fed von ihrem Ziel abbringen könnte, die Inflation ohne Rezession zu senken.
Bostjancic argumentiert, dass die Inflation nicht mehr das größte Problem darstellt und die Fed sich auf den schwächelnden Arbeitsmarkt konzentrieren sollte.
Langfristig bleibt der Leitzins der Fed mit 5,25% bis 5,5% auf einem 23-Jahres-Hoch. Eine schrittweise Absenkung könnte zu einer stabileren Marktlage führen. Ein dramatischer Zinsschritt könnte jedoch den Markt in Aufruhr versetzen. Laut Feroli von JPMorgan Chase könnte die Senkung des Leitzinses vor den Wahlen als politisch motiviert wahrgenommen werden, obwohl Fed-Chef Powell stets betont hat, dass politische Erwägungen keine Rolle spielen.