Fed überrascht mit starkem Zinsschritt: Leitzins erstmals seit 2020 gesenkt
Die US-Notenbank Federal Reserve hat angesichts der abflauenden Inflation eine unerwartet deutliche Senkung des Leitzinses vorgenommen. Am Mittwoch verkündete die Fed die Reduktion um 0,5 Prozentpunkte auf eine Bandbreite von 4,75 bis 5,00 Prozent. Zu diesem Zinssatz können sich Geschäftsbanken Zentralbankgeld leihen. Dieser ungewöhnlich große Zinsschritt signalisiert auch für den Rest des Jahres weitere mögliche Zinssenkungen.
Die erwartete Lockerung der Geldpolitik stand bereits im Raum, aber es war offen, ob die Fed einen so bedeutenden Zinssprung wagen oder nur eine moderate Senkung um 0,25 Prozentpunkte vornehmen würde. Das letzte Mal hatte die Fed den Leitzins im März 2020 gesenkt, um die Wirtschaft zu Beginn der Corona-Pandemie zu stützen. Seitdem blieben die Zinsen zunächst nahe der Null-Marke, bevor sie im März 2022 begonnen wurden, in rekordverdächtigem Tempo zu erhöhen.
In den USA hat sich der Preisdruck zuletzt verringert, was der Federal Reserve nun mehr Spielraum für Zinssenkungen gibt. Die nun veröffentlichte Wirtschaftsprognose deutet darauf hin, dass der Leitzins im Jahresdurchschnitt auf 4,4 Prozent sinken könnte, verglichen mit früheren Schätzungen von 5,1 Prozent. Für das nächste Jahr wird ein weiterer Rückgang auf 3,4 Prozent erwartet.
Auch bei der Teuerungsrate erwartet die Fed eine leichte Entspannung. Diese soll im Durchschnitt bei 2,3 Prozent liegen, eine leichte Reduktion gegenüber der Juni-Prognose von 2,6 Prozent. Die Kerninflation, welche Lebensmittel- und Energiepreise unberücksichtigt lässt, soll dieses Jahr bei 2,6 Prozent und nächstes Jahr bei 2,2 Prozent liegen.
Die Geldpolitik der Fed wirkt mit Verzögerung, weshalb die Notenbanker ein wachsames Auge auf die Inflationsraten behalten werden. Für die Fed bleibt der Spagat zwischen zu hohen Zinsen, die zu einer Rezession führen könnten, und zu früh gesenkten Zinsen, die die Inflation erneut antreiben könnten, eine delikate Aufgabe. Die Inflationsrate hatte im Sommer 2022 mehr als 9 Prozent erreicht.
Eine Zinssenkung verbilligt Kredite, fördert Investitionen und steigert das verfügbare Einkommen der Bürger, kann aber die Renditen für Sparer schmälern. Zudem schwächt eine Zinssenkung in der Regel den Dollar, was US-Reisende aus Deutschland erfreuen könnte.
Diese Entscheidung der Fed fällt wenige Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November. Während der Amtszeit von Präsident Joe Biden hat die rasante Teuerung durch Energiepreissteigerungen und Corona-Folgen seine Präsidentschaft belastet. Der Republikaner Donald Trump, ein scharfer Kritiker von Fed-Chef Jerome Powell, warnte bereits vor politischen Motivationen hinter der Zinsentscheidung.
Die jüngste Konjunkturprognose der Fed sieht ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der USA für 2024 um 2 Prozent vor, ein vergleichsweise stabiles Niveau. Gegner einer lockeren Geldpolitik argumentieren jedoch, dass aufgrund der robusten US-Wirtschaft Zinssenkungen derzeit nicht notwendig seien.