Fachkräftemangel: Ein verschärftes Gleichgewicht der Kräfte
Deutsche Unternehmen erleben momentan seltener das Problem eines akuten Fachkräftemangels. Doch dieser positive Schein trügt, da die Entspannung nicht durch ein gesteigertes Arbeitskräfteangebot hervorgerufen wird, sondern durch die derzeit schwächelnde Wirtschaftslage. Aus dem aktuellen Fachkräftebarometer, veröffentlicht von der KfW-Bank in Zusammenarbeit mit dem Ifo-Institut, geht hervor, dass sich zu Beginn des vierten Quartals 32 Prozent von rund 9.000 befragten Unternehmen in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt fühlen. Verglichen mit Anfang April dieses Jahres, bedeutet dies einen Rückgang um drei Prozentpunkte. Im Herbst 2022 hatten noch 45,7 Prozent der Betriebe über fehlende Fachkräfte geklagt.
Der Bedarf an qualifiziertem Personal zeigt sich besonders in Industriebetrieben rückläufig, ein Ergebnis des schwachen Absatzes und zurückgehender Auftragslage. Doch im Dienstleistungssektor wird die Situation anders wahrgenommen: Hier können vor allem Wirtschaftsprüfungsunternehmen sowie Busbetriebe die Nachfrage nach qualifizierten Bewerbern kaum decken. Ein deutlicher Gegensatz zur Industrie, der die ungleichmäßige Verteilung der Fachkräftekrise offenbart.
Dennoch bleibt der Fachkräftemangel ein signifikantes Wachstumshemmnis für zahlreiche Unternehmen, wie KfW-Arbeitsmarktexperte Martin Müller eindringlich warnt. Er prognostiziert eine Verschärfung der Lage in den kommenden Jahren, sofern sich die konjunkturelle Situation verbessert und zunehmend die Generation der Babyboomer den Ruhestand antritt. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, seien umfassende Maßnahmen gefragt, um die Personalengpässe nachhaltig zu mildern.

