Führung in Zeiten der Krise
Führungskräfte stehen in Zeiten von Corona vor besonderen Herausforderungen. Tipps vom Business Coach Tom Rückerl

Hamburg, 08.04.2020 (PresseBox) - Führung in Krisenzeiten, wie derzeit während der Corona-Pandemie, ist vor allem eine Sache der Motivation, meint der Hamburger Dipl.-Psych., Business Coach und Gründer von V.I.E.L Coaching + Training, Hamburg, Tom Rückerl. Die Fragen stellte die Journalistin, Redakteurin und Innovationsmanagerin Karolin Köcher.

Frage: War noch bis vor kurzem die Digitalisierung die große Management-Challenge stehen Führungskräfte heute durch Corona vor ganz neuen Herausforderungen. Welche sind das vor allem?

Tom Rückerl: Ein zentrales Führungs-Thema in Krisenzeiten ist die Motivation. Zuviel Angst oder Resignation lähmt unsere Motivation. Die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter verliert den konstruktiven Fokus, weil plötzlich andere Bedürfnisse in den Vordergrund treten. Für Führungskräfte stellen sich neue Fragen: Wie kann ich meine Mitarbeiter im Homeoffice motivieren, die wertvolle Zeit wertschöpfend zu nutzen? In einigen Unternehmen gibt es vielleicht zu wenig oder gar keine Arbeit mehr; Mitarbeiter verlieren das Sinngefühl. In anderen, system-relevanten Betrieben wie in der Pflege oder der Herstellung von Schutzkleidung gibt es plötzlich sehr viel Mehrarbeit. Führungskräfte müssen auf die veränderte Situation angemessen reagieren: Wie motiviere ich Mitarbeiter, sich anders zu verhalten, weil die Krise Anpassung und Veränderung erfordert und die alten Muster nicht mehr greifen? Wie motiviere ich Menschen Abstand zu halten, zu Hause zu bleiben. Motivation hat viele Facetten, die ich als Führungskraft im Blick haben muss.

Frage: Wie könnte denn die Lösung aussehen?

Tom Rückerl: Eine gelungene Lösung muss die Komplexität der aktuellen Situation ebenso berücksichtigen wie die Einzigartigkeit des betroffenen Menschen. Sie erfordert Kreativität und Win-Win-Spirit. Entscheidend für Führungskräfte ist vor allem die Kommunikation. Wie erreiche ich meine Mitarbeiter? Wie verpacke ich meine Botschaften? Wie so oft gibt es auch hier ein polarisiertes Spannungsfeld: Zwischen Drastifizieren und dem Aufzeigen von Horrorszenarien einerseits und dem Bagatellisieren und Verharmlosen andererseits gilt es, den richtigen Ton zu treffen und den Mitarbeitern eine motivierende und sinnstiftende Perspektive aufzuzeigen.

Da das Krisenempfinden der Menschen individuell sehr unterschiedlich ist, hilft es, die Empathie zu nutzen und sich in die Betroffenen hineinzufühlen. Grundsätzlich gilt, den Mitarbeitern zu helfen, die jeweilige „Weg-von-der-Krise-Motivation“ durch eine positive „Hin-zu-einem-attraktiven-Ziel-Motivation“ zu ersetzen. Im Business-Coaching arbeiten wir dazu mit einem 5-Phasen-Modell. Jede Phase bietet praktische Wahrnehmungsfilter, um die Motivationsstruktur der einzelnen Mitarbeiter zu verstehen und positiv auszurichten. Dabeidürfen wir auch nicht vergessen, dass die meisten Motivationspotentiale versteckt im Unbewussten schlummern. Wer wirkungsvoll motivieren will, muss das Unbewusste ins Boot holen!

Frage: Könnte man aus diesem Modell auch praktische Tipps für die Arbeit von Führungskräften ableiten?

Tom Rückerl: Auf jeden Fall. Grundsätzlich gilt auch hier: Wer fragt führt! Zunächst braucht die Führungskraft ein echtes Interesse an der Befindlichkeit ihrer und seiner Mitarbeiter. Jede erfolgreiche Intervention beginnt mit einer treffenden Diagnose. Im Coaching trainiere ich mit den Führungskräften immer wieder, sich in die einzelnen Mitarbeiter hineinzufühlen und dann zielorientierte Fragen zu stellen. Stark verkürzt könnte man das vielleicht so zusammenfassen:

1. Wie erleben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Leidensdruck? Was genau belastet sie? Wovor haben sie Angst? Welche Faktoren empfinden sie als hinderlich? Was genau wollen sie verändern? Welche Faktoren gibt es auch im privaten Umfeld, die die Motivation negativ oder positiv beeinflussen? Welche Form der Unterstützung wünscht sich die einzelne Mitarbeiterin und der einzelne Mitarbeiter von seinem Unternehmen?

2. Ziel-Orientierung: Welches positive Ziel könnte ihn motivieren, die nötige Energie aufzubringen, diese Phase der Krise konstruktiv zu gestalten? Wie fühlt es sich an, wenn er dieses Ziel bereits erreicht hätte? Wie kann er sich im Alltag an dieses gute Gefühl erinnern? Was bedeutet es für ihn persönlich, gestärkt aus der Krise hervorgehen?

3. Motivations-Ressourcen: Was brauchen Mitarbeiter*innen gerade jetzt in dieser Zeit besonders, um das positive Ziel zu erreichen? Was brauchen sie von ihrer Führungskraft? Stellen Sie kreative Fragen: Durchhaltevermögen? Mut? Team-Spirit? Das Gefühl, nicht-alleine-zu-sein? Einen guten Plan B? All diese Faktoren könnten zentrale Ressourcen darstellen.

Auch das Thema Geduld könnte eine wichtige Rolle spielen. Der Impuls, möglichst schnell durch die Krise zu kommen, funktioniert bei der Corona-Pandemie nicht, da das Konzept der Regierung ja auf eine Verlangsamung der Infektionskurve abzielt und somit eher eine Verlängerung der Krise bewirkt.

Als nachhaltige Motivation für längerfristige Ziele können gut erreichbare Etappenziele fungieren. Wie steht es mit Willenskraft und Selbstmotivation der Mitarbeiter: Haben sie das große Ganze im Blick? Welche persönlichen Krisenbewältigungsstrategien haben in der Vergangenheit bereits funktioniert – und wie lassen sie sich auf die aktuelle Situation übertragen?

4. Umgang mit Widerständen und Zweifeln: Welche versteckten Ängste sind noch im Spiel? Was denkt der Mitarbeiter in schwachen Momenten? Wie agiert der innere Schweinehund? Welcher Plan B könnte helfen, damit der Kontakt zu den Zielen lebendig bleibt?

Achtung: Über-Motivation ist nicht zielführend und kann auf Dauer Burnout bewirken! Auch darauf muss ich als Führungskraft achten und durch angemessene Dosierung mit Fingerspitzengefühl gegensteuern.

5.Motivierende Maßnahmen: Was genau muss die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter tun, um den gemeinsamen Plan in die Tat umzusetzen? Konkrete Aufgaben und Termine geben Struktur, auch kleine Erfolge sind ein guter Anlass, um motivierendes Feedback und Anerkennung auszusprechen: Du bist nicht allein, ich sehe dich und ich würdige deine Anstrengung! Gut gemacht!

Und für eine gelungene Realisierung gilt die 72-Stunden-Regel: Eine Umsetzung innerhalb der nächsten drei Tage bietet die größten Erfolgschancen, weil die motivierende Emotion lebendig bleibt. Jetzt Dranbleiben und immer wieder empathisch nachsteuern. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie und Ihre Mitarbeiter gut durch die Krise kommen.

Frei nach dem Motto:Es ist besser ein kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen.
Kommunikation
[pressebox.de] · 08.04.2020 · 12:37 Uhr
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