Experte: Amerikaner haben anderes Verhältnis zu Steuern
Berlin (dpa) - US-Amerikaner sind Experten zufolge im Vergleich zu Europäern viel weniger bereit, Steuern zu zahlen. Das liege unter anderem daran, dass die Amerikaner einen stärkeren Fokus auf die individuelle Freiheit legten, sagte der Volkswirt Sebastian Dullien von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin.
«Sie empfinden die Freiheit von Steuern auch als individuelle Freiheit», erklärte Dullien im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Steuern würden als staatlicher Eingriff in das eigene Leben gesehen.
Viele US-Bürger seien zudem der Meinung, ihre Stadtverwaltung würde schlecht funktionieren, und wären daher nicht bereit, ein Großteil ihres Einkommens herzugeben, sagte Dullien. «Sie haben nicht den Eindruck, der Staat würde etwas Sinnvolles mit ihrem Geld machen.» Ein bedeutender Teil der Amerikaner glaube laut einer Umfrage, zu den oberen zehn Prozent des Landes zu gehören, sagte Dullien. Diese Fehleinschätzung führe auch zu der Ablehnung einer sogenannten Reichensteuer. «Wenn man von Spitzensteuersatz spricht, glauben viele, dass sie betroffen sind.»
Fehlenden Rückhalt für dringend notwendige Steuererhöhungen in den USA ist nicht nur in Teilen der Bevölkerung zu finden, sondern auch bei den Republikanern - das zeigte sich auch im aktuellen Steuerstreit. Viele republikanische Kongressabgeordnete und Senatsmitglieder hätten eine von einer Lobbyorganisation durchgesetzte Erklärung unterzeichnet, sich gegen Steuererhöhungen zu stellen, sagte Dullien. Das sei ein Grund für die ablehnende Haltung. «Die Republikaner verschließen sich einer faktischen Notwendigkeit.»
Dabei sei es völlig unrealistisch, den US-Haushalt ohne Steuererhöhungen auf ein nachhaltiges Niveau herunterzudrücken. «Es geht nicht ohne», sagte der Wirtschaftswissenschaftler.