Ex-Wirecard-Vorstände zu 140 Millionen Euro Schadensersatz verurteilt
Der Insolvenzverwalter von Wirecard hat im Rechtsstreit gegen die ehemaligen Vorstände des Unternehmens einen wichtigen Erfolg erzielt. Das Landgericht München hat drei ehemalige Führungskräfte des Skandalunternehmens, darunter den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun, zur Zahlung von insgesamt 140 Millionen Euro Schadensersatz plus Zinsen verurteilt. Sie hatten nach Ansicht des Gerichts mindestens fahrlässig bei der Vergabe eines Kredits und der Zeichnung von Schuldverschreibungen gehandelt und sind daher für den entstandenen Schaden verantwortlich.
Kläger in dem Verfahren war Insolvenzverwalter Michael Jaffé, der im Interesse der Gläubiger agiert. Ziel der Klage war es, Gelder zurückzuholen, die in den dubiosen Geschäftspraktiken von Wirecard verloren gegangen sind. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, und Beobachter gehen davon aus, dass die betroffenen Vorstände Berufung einlegen werden.
Wirecard, einst als aufstrebender Star an der Börse gefeiert, brach im Juni 2020 zusammen, als bekannt wurde, dass vermeintliche Guthaben in Höhe von 1,9 Milliarden Euro auf den Philippinen nicht existierten. Der Fall gilt als einer der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte und brachte eine Reihe strafrechtlicher Ermittlungen gegen die Führungskräfte des Zahlungsabwicklers ins Rollen.
In einem Teil der Klage musste Jaffé allerdings eine Niederlage einstecken. Der ehemalige stellvertretende Aufsichtsratschef Stefan Klestil wurde von der Zahlungspflicht befreit, obwohl das Gericht eine Verletzung seiner Aufsichtspflichten feststellte. Laut dem Urteil sei jedoch fraglich, ob Maßnahmen des Aufsichtsrats den Schaden hätten verhindern können, da sich der Vorstand in der Vergangenheit nicht an dessen Vorgaben gehalten habe.
Bei den drei verurteilten Vorständen sah das Gericht hingegen eine klare Verantwortung. Der Kredit, um den es ging, war nicht besichert, und es wurde vor der Zeichnung der Schuldverschreibungen keine gründliche Prüfung durchgeführt. Besonders Markus Braun und der Finanzvorstand wurden aufgrund ihrer Ressortzuständigkeiten direkt für die Fehlentscheidungen verantwortlich gemacht.
Das Urteil betrifft einen Kredit über 100 Millionen Euro sowie die Zeichnung von Schuldverschreibungen über weitere 100 Millionen Euro, die dem Unternehmen Ocap zugutekamen. Ein Teil des Kredits wurde jedoch mit 60 Millionen Euro aus den Schuldverschreibungen getilgt, weshalb der entstandene Schaden bei 140 Millionen Euro liegt.
Unklar bleibt, ob und wie viel von der verurteilten Summe der Insolvenzverwalter tatsächlich eintreiben kann. Zwar haften die Manager mit ihrem Privatvermögen, doch es ist fraglich, ob dieses ausreicht. Auch die Manager-Haftpflichtversicherung von Wirecard dürfte nicht greifen, da diese in der Regel bei Straftaten nicht zahlt.
Markus Braun steht derzeit mit weiteren Managern wegen Betrugsverdachts vor Gericht, während der ehemalige Vertriebsvorstand Jan Marsalek untergetaucht ist. Klestil hingegen bleibt von strafrechtlichen Vorwürfen verschont.