EnBW-Chef kritisiert geplantes Strommarktdesign des Bundeswirtschaftsministeriums
Der Vorstandsvorsitzende des Energieversorgers EnBW, Georg Stamatelopoulos, hat erhebliche Bedenken hinsichtlich der geplanten Reformen des Bundeswirtschaftsministeriums zum neuen Strommarktdesign geäußert. "Angesichts des Zeitdrucks kann ich nicht nachvollziehen, warum wir uns hier nicht an bereits bestehenden und funktionierenden Modellen orientieren", sagte er in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.
Die deutsche Energielandschaft steht vor tiefgreifenden Veränderungen, insbesondere durch den massiven Ausbau erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne. Teil dieser Reformen ist die Einführung eines sogenannten Kapazitätsmechanismus bis zum Jahr 2028. Dabei sollen Anbieter dafür bezahlt werden, dass sie steuerbare Kraftwerkskapazitäten bereitstellen – selbst wenn diese nur für wenige Stunden im Jahr benötigt werden. Ziel ist es, Versorgungslücken zu schließen, wenn der Strombedarf nicht vollständig durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann.
Stamatelopoulos verglich das geplante deutsche Modell mit einer "Art Feuerwehr des Systems". Dabei verwies er auf erfolgreiche Vorbilder in anderen Ländern, insbesondere auf den Kapazitätsmarkt im Vereinigten Königreich, der von der Europäischen Union genehmigt wurde und strukturell gut vergleichbar sei. "Aber wieder will Deutschland einen eigenen, extrem komplizierten Weg einschlagen. Dafür nehmen wir in Kauf, dass es teurer wird und dass es wahrscheinlich in 2028 nicht fertig sein wird", kritisierte Stamatelopoulos scharf.
Erst im vergangenen Jahr hatte EnBW herausragende Ergebnisse erzielt und das Geschäftsjahr 2023 mit einem Gewinn von 6,37 Milliarden Euro abgeschlossen, was einem Plus von über 60 Prozent entsprach. Nach dem überraschenden Rücktritt von Andreas Schell hat Stamatelopoulos die Führung des Karlsruher Konzerns übernommen. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen einen Gewinnrückgang auf 4,6 bis 5,2 Milliarden Euro.