Elektromobilität auf der IAA Transportation: E-Lkw auf dem Vormarsch
Die diesjährige Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation zeigt eindrücklich, dass der klassische Dieselantrieb im Lkw-Bereich bereits auf dem Abstellgleis steht. Elektro-Laster und -Transporter dominieren nahezu alle Ausstellungsflächen. Hersteller wie Scania und Daimler Truck präsentieren ihre neuesten Batterie-Modelle und bieten Testfahrten an. Die Unternehmen betonen, dass es sich bei den gezeigten Modellen nicht mehr nur um Prototypen handelt – die Serienproduktion hat begonnen. Angesichts dieser Entwicklungen sagte Scania-Chef Christian Levin: „Wir sind jetzt bereit zu liefern.“ Daimler-Truck-CEO Martin Daum ergänzte: „2024 steht für uns nun ganz klar im Zeichen der Umsetzung.“
Prognosen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC stützen die optimistischen Aussagen der Hersteller. Eine aktuelle Studie besagt, dass bereits 2030 jeder fünfte neue Lkw weltweit rein elektrisch fahren könnte. Bis 2040 könnte dieser Anteil auf 90 Prozent ansteigen. PwC-Experten gehen davon aus, dass E-Laster für Fuhrunternehmen bald günstiger im Betrieb sein werden als Dieselmodelle, was den Umstieg wirtschaftlich rentabel macht. Daum erklärte, dass ein Elektro-Lkw in den Gesamtkosten aus Anschaffung und Betrieb bereits jetzt mit Diesel-Lkw konkurrieren könne.
Allerdings spiegeln die aktuellen Verkaufszahlen diese Zukunftsperspektiven noch nicht wider. Nur 1,9 Prozent der neu zugelassenen Lkw in Europa im ersten Halbjahr 2023 waren elektrisch, teilt der europäische Herstellerverband Acea mit. Levin, auch Vorsitzender der VW-Lkw-Holding Traton, erklärte: „Die Verkäufe sind aber immer noch viel zu niedrig.“ Es mangele an Anreizen für die Kunden und einem klaren politischen Kurs zur Kostengleichheit zwischen Elektro- und Dieselantrieben.
Ein weiteres großes Hindernis bleibt das unzureichend ausgebaute Ladenetz. Daum betonte, dass die langen Planungsprozesse für Stromnetze den Fortschritt verhinderten: „Die Uhr tickt.“ Laut einer PwC-Studie sind bis 2035 öffentliche Investitionen von 6,1 Milliarden Euro in Europa nötig, um ein flächendeckendes Ladenetz zu schaffen. Zusätzlich müssten Unternehmen 28,6 Milliarden Euro für eigene Ladepunkte investieren.
Während die neuen Elektro-Lkw in den Fokus rücken, müssen Hersteller weiterhin auch in Dieselmodelle investieren. Alexander Vlaskamp, MAN-Chef, bestätigte, dass der Dieselantrieb parallel zur Elektrifizierung noch eine wichtige Rolle spielen wird. Auch die Brennstoffzelle sieht Vlaskamp lediglich als Nischenlösung für Spezialanwendungen. MAN setzt daher auf eine flexible Produktionslinie, die verschiedene Antriebe berücksichtigt.
Die schwache Nachfrage belastet die Stimmung der Nutzfahrzeugbranche. Im August 2023 brachen die Nutzfahrzeugverkäufe in Europa um 37 Prozent ein. Levin beobachtet eine große Zurückhaltung in Deutschland, während Kunden auf wirtschaftliche Investitionen und sinkende Zinsen hoffen. Auch bei kleineren Transportern ist die Lage schwierig. VW-Nutzfahrzeuge-Chef Carsten Intra sieht in der zweiten Jahreshälfte weitere Herausforderungen auf die Branche zukommen. Daum erwartet bis Anfang 2025 keine wesentliche Verbesserung.
Die IAA Transportation verzeichnet mehr als 1.650 Aussteller aus 41 Ländern. Nach dem Pressetag wurde die Veranstaltung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing und dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil offiziell eröffnet. Am Mittwoch wird auch Vizekanzler Robert Habeck erwartet. Die Messe läuft bis Sonntag.