Der Arktische Ozean: Erste Eisfreie Tage Vor 2030 Möglich
Eine neue wissenschaftliche Studie legt nahe, dass der Arktische Ozean noch vor dem Jahr 2030 erstmals völlig eisfrei sein könnte, möglicherweise sogar früher als bisher angenommen. Die rapide Schmelze in der Polarregion zeigt eine beschleunigte Verlustgeschwindigkeit. Seit den frühen 1980er Jahren hat der Nordpol die Hälfte seiner späten Sommer-Seeisdecke eingebüßt, und die jüngsten Erkenntnisse verschieben das mögliche Datum eines eisfreien Arktis deutlich nach vorn.
Ein internationales Forscherteam hat mithilfe satellitengestützter Messungen der Meereiskonzentration und fortschrittlicher Klimamodelle mehrere Projektionen erstellt, die den Zeitpunkt innerhalb der nächsten drei bis sechs Jahre verorten. Alexandra Jahn, Mitautorin der Studie und Professorin für Atmosphären- und Ozeanwissenschaften an der University of Colorado Boulder, verglich die schnellen Simulationen des Eisverlustes mit seltenen Naturereignissen wie 1.000-jährigen Fluten. Dies zeige, dass solche Ereignisse zwar unwahrscheinlich, aber möglich seien.
Der wissenschaftliche Konsens definiert die Arktis als eisfrei, wenn die Eisfläche unter eine Million Quadratkilometer sinkt. In diesem Fall verbleibt das restliche Eis hauptsächlich nördlich von Grönland und im kanadischen Archipel. Walter Meier vom US-amerikanischen National Snow and Ice Data Center unterstreicht die Unsicherheiten in den Klimaprojektionen aufgrund natürlicher Wettervariationen. Trotz dieser Unsicherheiten ist der Wandel in der Region schon jetzt bemerkenswert: Die Vorstellung, dass die Arktis 2030 eisfrei sein könnte, verdeutliche die drastischen Veränderungen.
Ein erheblicher Rückgang der Meereisfläche wurde zuletzt im September 2012 mit einem Rekordminimum von 3,4 Millionen Quadratkilometern gemessen. Die Verzögerungen bei der herbstlichen Vereisung sind, im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt, ebenfalls offensichtlich. Ella Gilbert vom British Antarctic Survey verweist auf extreme Ereignisse, die innerhalb weniger Tage dramatische Veränderungen in den Polarregionen auslösen können, wie das Beispiel des Zusammenbruchs der Conger-Eisschelfs in der Antarktis.
Der Verlust von Meereis kann den Klimawandel weiter beschleunigen, da das dunklere, eisfreie Wasser mehr Wärme absorbiert. Diese regionale Erwärmung der oberen Meeresschichten könnte extremere Wetterereignisse in den mittleren Breiten auslösen. Die Experten der Studie betonen, dass eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen den Klimawandel verzögern, aber nicht verhindern kann. Auch bei den niedrigsten Emissionsszenarien würden die globalen CO₂-Werte weiter ansteigen.
Die Auswirkungen der arktischen Schmelze sind für die dort lebenden Gemeinschaften und die Tierwelt bereits spürbar. Einige Arten werden durch das zunehmend fehlende Eis gezwungen, an Land zu gehen, während andere Meeresbewohner in ehemals zu kalte Gewässer weiter nach Norden wandern. "Der Klimawandel schreitet schnell voran, besonders in den Polarregionen", warnte Gilbert. "Die Erwärmung in der Arktis geht viermal schneller vonstatten als im Rest der Welt."

