Delaware in der Krise: Kampf um die Zukunft des Konzernrechts
Elon Musks spektakulärer Kauf von Twitter im Oktober 2022 markierte einen Meilenstein für die Delaware-Gerichte, doch das von Musk eröffnete Kapitel bringt den Staat nun in schwere Turbulenzen. Ursprünglich gefeiert wurde Gerichtskanzlerin Kathaleen McCormick für ihre smarte Vermittlung im Streit zwischen Musk und den Twitter-Aktionären. Innerhalb kurzer Zeit konnte Delaware seine Effizienz als Rechtshüter der Unternehmenswelt wieder einmal demonstrieren. Doch nur kurze Zeit später erschütterte eine weitere Entscheidung Delawares juristisches Fundament. Im Januar erklärte McCormick den sagenhaften 56-Milliarden-Dollar-Bonus für Musk für ungültig, einer Entscheidung, die heftige Reaktionen des Tesla-Gründers hervorrief. Musks Frust über Delaware brachte er in harten Worten zum Ausdruck: Niemals in Delaware inkorporieren. Die Entscheidung hat weitreichende Folgen. Ein komplexer Rechtsstreit verschärfte die Debatte: Traditionelle Geschäftspraktiken wurden als unzulässig erklärt, was alarmierende Reaktionen auslöste. Der Gesetzgeber in Delaware reagierte schnell und hob mittels Änderungen am Delaware General Corporation Law die Richterentscheidungen auf. Diese hastig beschlossenen Gesetze sorgten für Unruhe unter Anwälten und führten zu Auseinandersetzungen, die die ohnehin angespannte Stimmung weiter anheizten. Die innergerichtliche Erosion der Delaware Way, einer routinierten und respektvollen Rechtspraxis, ist für viele unerträglich. Ex-Kanzler William Chandler kritisierte öffentlich die Entscheidungen von McCormick und einem weiteren Richter und beschrieb die aktuelle Lage als unerträglich. Anwälte und Akademiker befürchten, dass Delaware seinen Status als Hochburg des Konzernrechts verliert und damit auch seinen wirtschaftlichen Vorteil einbüßt. Ein wesentliches Problem liegt in der Balance zwischen der Notwendigkeit, Unternehmen entgegenzukommen, um sie im Staat zu halten, und der Verpflichtung, eine komplizierte und faire Gerichtsbarkeit zu bewahren. Delaware, das aufgrund seiner flexiblen Gerichtsbarkeit für die meisten der S&P 500 Unternehmen attraktiv ist, sieht sich nun plötzlich im Wettbewerb, insbesondere mit Staaten wie Texas. Die spürbaren wirtschaftlichen Folgen beginnen sich bereits zu zeigen: Unternehmen wie Fidelity National Financial erwägen den Umzug in andere Staaten aufgrund steigender Haftungsrisiken in Delaware. Eine Bundesregelung über die Unternehmensrechtsfragen würde den Bundesstaaten die Möglichkeit zur individuellen Rechtsprechung nehmen, was für Delaware besonders verheerend wäre. Im Schatten dieses juristischen Streits bleibt die Frage offen, ob Musks Kampf um den Milliardengewinn ein Präzedenzfall wird. Musk und Tesla reichten jüngst einen Antrag ein, um die Entscheidung zugunsten seines gigantischen Gehaltspakets wieder aufzuheben – eine riskante rechtliche Forderung, die McCormick in eine Zwickmühle bringt. Inmitten dieser unsicheren Zeiten hoffen einige Mitglieder des Delaware Bar auf Frieden und Erneuerung des Delaware Way. McCormick selbst betonte öffentlich die Wichtigkeit von respektvollen Diskussionen und dem gemeinsamen Austausch von Ideen.
