Crystal Dynamics streicht erneut Stellen – hält aber verbissen an Tomb Raider fest
Crystal Dynamics hat wieder zur Axt gegriffen. In einem neuen Statement bestätigt das Studio eine weitere Runde von Entlassungen, die diesmal knapp unter 30 Mitarbeitende trifft – verteilt über verschiedene Abteilungen und Projekte. Auf LinkedIn spricht das Team von einer „notwendigen Reorganisation“ der Studios und Teams, um das Unternehmen für die nächste Generation neu aufzustellen. Rein numerisch klingen unter 30 Stellen zunächst überschaubar, emotional betrachtet ist es jedoch die dritte Runde Lay-offs im Jahr 2025 – und damit ein deutliches Signal, wie stark der Druck auf das Tomb-Raider-Studio mittlerweile geworden ist.
„Schmerzhafte Entscheidungen“ im Namen von Tomb Raider
Offiziell begründet Crystal Dynamics die Entlassungen mit den sich wandelnden Realitäten der Games-Branche. Die Formulierung ist bekannt, doch diesmal knüpft das Studio sie direkt an seine wichtigste Marke: Tomb Raider. Man habe „diese schmerzhaften Entscheidungen“ getroffen, um die fortlaufende Entwicklung des neuen Tomb-Raider-Spiels zu sichern und die langfristige Nachhaltigkeit für zukünftige Projekte zu stärken. Im Klartext: Menschen verlieren ihre Jobs, damit das Flaggschiff-Projekt weiterfinanziert werden kann. Für dich als Fan klingt das nach einem bitteren Kompromiss – das Spiel wird weiterentwickelt, aber der Preis sind erfahrene Kräfte, die das Profil des Studios über Jahre mitgeprägt haben.
Ein Krisenjahr mit Vorgeschichte: März, August, November
Die aktuelle Welle steht nicht isoliert. Bereits im März hatte Crystal Dynamics 17 Beschäftigte entlassen und damals betont, die Maßnahmen seien „notwendig, um die aktuellen Geschäftsbedürfnisse besser mit dem zukünftigen Erfolg des Studios in Einklang zu bringen“. Man sprach ausdrücklich davon, dass die Entlassungen keine Aussage über Engagement oder Fähigkeiten der Betroffenen seien. Im August folgte dann die nächste Runde Lay-offs, diesmal ohne exakte Zahlen – erneut mit dem Hinweis, dass Tomb Raider davon unberührt bleibe.
Spätere Berichte deuteten darauf hin, dass diese Sommer-Entlassungen mit einem geplatzten Deal rund um den Perfect-Dark-Reboot zusammenhingen. Embracer Group wollte demnach angeblich die Perfect-Dark-IP von Microsoft übernehmen, sie an Take-Two weiterreichen und über diesen Umweg die Finanzierung der Entwicklung sichern. Das Konstrukt ist letztlich in sich zusammengefallen, der Reboot wurde gestrichen – und Crystal Dynamics stand ohne das erhoffte Großprojekt da. In dieser Gemengelage wirken die Lay-offs wie Folge eines Dominoeffekts, der weit über das Studio hinausweist.
Amazon, Embracer und eine Branche im Umbau
Noch komplizierter wird das Bild durch die jüngsten Entwicklungen bei Amazon. Der Tech-Riese streicht über 14.000 Stellen, fährt Großprojekte wie New World: Aeternum herunter und fokussiert sich stärker auf „Casual- und KI-orientierte Spiele“. Gleichzeitig taucht Crystal Dynamics in genau diesen Kontextberichten auf – mit einem entscheidenden Zusatz: Trotz der massiven Umstrukturierungen bei Amazon soll am gemeinsamen Tomb-Raider-Projekt weitergearbeitet werden.
Damit verschränkt sich das Schicksal des Studios mit mächtigen Playern wie Amazon und Embracer. Fehlgeschlagene Deals, strategische Kurswechsel und neue Prioritäten in den Chefetagen haben direkte Auswirkungen auf die Teams, die am Ende die Spiele bauen. Du bekommst davon meist nur die Schlagzeilen mit, aber hinter jeder Meldung stecken Monate an Unsicherheit, Projektverschiebungen und Budgetkürzungen. Die Lay-offs bei Crystal Dynamics sind damit Symptom eines größeren Problems: einer Industrie, die gleichzeitig wachsen, profitabler werden, Risiken senken und trotzdem kreative Großprojekte stemmen soll.
Was bedeutet das alles für Tomb Raider?
Offiziell bleibt die Botschaft klar: Das neue Tomb Raider wird weiterentwickelt, und genau dafür sollen die aktuellen Entscheidungen sogar „optimierend“ wirken. In der Praxis ist jede Entlassung jedoch ein Einschnitt ins kollektive Gedächtnis eines Studios. Wissen geht verloren, eingespielte Abläufe brechen weg, Teamkultur nimmt Schaden. Selbst wenn die Kernproduktion weiterläuft, verändert sich zwangsläufig, wie ein Spiel am Ende aussieht, wenn mehrfach unterjährig an den Strukturen gesägt wird.
Für die Marke Tomb Raider selbst kann das zwei Richtungen bedeuten. Entweder entsteht ein stark fokussiertes Projekt, weil Ressourcen brutal auf das eine Prestige-Spiel konzentriert werden. Oder es erscheint ein Titel, der zwar solide, aber spürbar von Sparzwängen und Fluktuation gezeichnet ist – technisch okay, aber ohne den letzten kreativen Funken. Spannend ist außerdem, dass Crystal Dynamics bisher keinerlei konkrete Details zum kommenden Tomb-Raider-Teil verraten hat. Weder Setting, noch Tonfall, noch Gameplay-Neuerungen sind offiziell kommuniziert. In Kombination mit den anhaltenden Personalumbrüchen bleibt so ein merkwürdiger Schwebezustand: Du sollst Vertrauen haben, ohne wirklich zu wissen, worauf du dich freust.


