Commerzbank im Übernahmeraum: Bund will Anteile verkaufen, UniCredit lauert
Die Commerzbank-Aktie hat in den letzten Tagen kräftig zugelegt, und das nicht ohne Grund: Die italienische Großbank UniCredit ist überraschend eingestiegen und hält mittlerweile neun Prozent der Anteile.
Doch das reicht den Italienern offenbar noch nicht. Während in Frankfurt über eine mögliche Übernahme spekuliert wird, bleibt der Bund gelassen und will seine restlichen zwölf Prozent Anteile weiter verkaufen – wenn der Preis stimmt.
Finanzvorständin Bettina Orlopp sieht das Ganze mit gemischten Gefühlen.
„Wir sind alle doch sehr überrascht worden von dem Vorgang“, sagte sie auf einem Start-up-Gipfel in Berlin.
Sie fordert Ruhe im Prozess und empfiehlt dem Bund, seine Anteile vorerst zu halten. "Das ist jetzt das Wichtigste, sich mal zu sortieren und in Ruhe darüber nachzudenken, was auf dem Tisch liegt."
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Bund will raus – UniCredit greift zu
Für den Bund, der seit der Rettung der Commerzbank in der Finanzkrise noch immer zwölf Prozent der Anteile hält, ist der Zeitpunkt günstig. Nach jahrelangem Wertverfall zieht der Kurs der Aktie wieder an.
Analysten sehen ein Kursziel von 16 Euro, was auch dem geplanten Aktienrückkaufprogramm der Bank geschuldet ist, das den Kurs weiter stützen dürfte. Das Finanzministerium will den höchstmöglichen Preis erzielen, bevor es sich endgültig von der Beteiligung trennt.
Doch Orlopp warnt vor voreiligen Entscheidungen. Mit der Übernahme-Spekulation könnte die Bank in eine unruhige Phase geraten.
„Wir brauchen erstmal Ruhe, keine weiteren Überraschungen“, betonte sie.
UniCredit hatte zuvor bereits ein Aktienpaket von 4,5 Prozent vom Bund übernommen und scheint bereit, noch mehr zu kaufen.
Was will UniCredit?
UniCredit hat sich bisher nicht konkret zu einer möglichen Übernahme geäußert. Der Einstieg könnte strategisch motiviert sein – immerhin gehört die Commerzbank zu den wichtigsten Finanzinstituten Deutschlands und hat nach einer langen Durststrecke die Weichen für zukünftiges Wachstum gestellt.
Ein weiterer Punkt: UniCredit ist in Italien stark, aber in Deutschland nur begrenzt präsent. Mit einem größeren Anteil an der Commerzbank könnte sie ihren Einfluss auf dem deutschen Markt ausbauen.
Der Markt spekuliert inzwischen fleißig. Neben UniCredit wird auch die französische BNP Paribas als möglicher Käufer ins Spiel gebracht. Orlopp hält sich dazu bedeckt, verweist aber auf die im September anstehende Strategie-Sitzung, bei der neue Optionen diskutiert werden könnten.
Börse jubelt – doch Experten mahnen zur Vorsicht
Die Commerzbank-Aktie hat seit dem Einstieg von UniCredit rund 27 Prozent zugelegt und steht nun auf einem Höchststand, den sie seit 2012 nicht mehr gesehen hat.
Doch nicht alle Experten sind überzeugt, dass die Rally lange anhält. Barclays-Analyst Krishnendra Dubey hob die Commerzbank zwar von "Underweight" auf "Equal Weight" an, sieht aber weiterhin begrenztes Kurspotenzial. Für eine Kaufempfehlung reiche es nicht, andere europäische Bankenwerte seien attraktiver.
Dennoch bleibt die Aktie im Aufwind, vor allem durch das im November startende Aktienrückkaufprogramm, das den Kurs weiter stützen dürfte. Doch die große Frage bleibt: Was passiert, wenn UniCredit oder ein anderer Käufer die Kontrolle übernehmen will?
Die Politik mischt mit
Ob der Bund seine Anteile tatsächlich in absehbarer Zeit verkauft, ist noch nicht entschieden. Neben dem Finanzministerium hat auch das Bundeskanzleramt ein Wörtchen mitzureden.
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Ein Sprecher des Finanzministeriums betonte, dass die Lage gründlich analysiert werde und es derzeit keine Entscheidung gebe. Für den Verkauf weiterer Anteile gelte zudem eine 90-tägige Sperrfrist.
Orlopp hofft, dass der Bund sich nicht zu voreiligen Schritten hinreißen lässt. "Wir haben in den letzten Jahren eine große Transformation hinter uns gebracht und stehen jetzt gut da", sagte sie. Die Bank habe viel vor, und zu viele Wechsel an der Spitze oder große strategische Änderungen könnten den Erfolg gefährden.