Chinas Wirtschaftspolitik: Zwischen Erwartung und Realität
Investoren blicken voller Spannung auf China seit Präsident Xi Jinping im letzten Monat eine klare Linie zur wirtschaftlichen Abkühlung des Landes zog. Die Hoffnungen auf einen kraftvollen fiskalischen Stimulus, um den Aktienmarkt weiter zu beflügeln, blieben jedoch bislang unerfüllt.
In der ersten Pressekonferenz nach einer einwöchigen nationalen Feiertagswoche verkündete die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), dass lediglich 200 Milliarden Yuan an Ausgaben vorgezogen werden sollen, was deutlich unter den von Analysten erwarteten 3 Billionen Yuan liegt. Infolgedessen verloren die chinesischen Aktien fast die Hälfte ihrer anfänglichen Tagesgewinne und die Hongkonger Börse erlebte den dunkelsten Tag seit 2008 mit einem Rückgang von fast 10%.
Alicia Garcia Herrero, Chefökonomin für den asiatisch-pazifischen Raum bei Natixis, äußerte sich kritisch zur offensichtlichen Abhängigkeit der Stimulusmaßnahmen von monetären Ansätzen. Der aktuelle Marktspiegel zeigt eine Diskrepanz zwischen den Investoren und den sich zuversichtlich gebenden Politikern in Peking, die ein Großwachstumsziel von etwa 5% anstreben.
Die Finanzmärkte sind weiterhin in Habachtstellung, da sie auf weitere Maßnahmen von Xi Jinping hoffen. Das Finanzministerium könnte bald mit der Ausgabe von Anleihen beginnen, um die lang erwarteten finanziellen Stimuli zu finanzieren. Banken wie Morgan Stanley und HSBC glauben an ein Gesamtstimuluspaket von etwa 2 Billionen Yuan, während Citigroup es auf 3 Billionen schätzt.
Christopher Beddor von Gavekal Dragonomics wies darauf hin, dass die Politiker aktuell keinen großen Druck verspüren, mehr zu tun, obwohl man bereit sein müsste, bei einer weiteren Marktschwäche nachzulegen.
Das Augenmerk der Investoren liegt nun auf der bevorstehenden strategischen Neuausrichtung der NDRC, die plant, Investitionen zu beschleunigen und direkte Unterstützung für einkommensschwache Gruppen und Absolventen auszubauen. Die Ankündigung, ultra-lange Staatsanleihen für Infrastrukturprojekte weiter im nächsten Jahr zu emittieren, ist ein weiterer Aspekt ihrer Strategie, um die Wirtschaft zu stützen.
Große Fragen bleiben jedoch offen, insbesondere in Bezug auf die Stabilisierung des Immobilienmarktes und das Erreichen des wirtschaftlichen Wachstumsziels von 5%. Die zögerliche Fiskalpolitik Pekings könnte mit Bedenken zur staatlichen Verschuldung zusammenhängen, da der Einbruch im Immobiliensektor die finanzielle Lage der lokalen Behörden belastet.
Investoren sind aufgefordert, Pekings Zusagen zur Wachstumsförderung genauestens zu beobachten, denn der Moment der Wahrheit wird insbesondere im Immobilienmarkt kommen.