Chempark-Explosion: Dioxinverbindungen im Rauch vermutet

Leverkusen (dpa) - Nach der gewaltigen Explosion in einer Leverkusener Müllverbrennungsanlage rückt die Frage nach möglichen Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung in den Vordergrund.

Das nordrhein-westfälische Landesumweltamt (LANUV) teilte am Mittwoch mit, man gehe «derzeit» davon aus, dass über die freigesetzte Rauchwolke «Dioxin-, PCB- und Furanverbindungen» in die umliegende Wohngebiete getragen worden seien.

Die Betreiber-Firma des von der Detonation erschütterten Chemparks erklärte derweil, dass sie vom Tod der noch vermissten fünf Mitarbeiter ausgehe. Die Explosion hatte mindestens zwei Menschen getötet, 31 wurden nach Angaben des Betreibers Currenta verletzt.

Die Ursache für die Detonation ist noch unklar. Um zu klären, ob menschliche Fehler zu dem Unglück führten, wurde eine Ermittlungsgruppe bei der Polizei eingerichtet. Das wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und fahrlässiges Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion eingeleitete Ermittlungsverfahren richte sich gegen unbekannt, erklärte die Kölner Staatsanwaltschaft.

Nach dem Unglück hatten Tanks gebrannt, in denen nach Angaben von Currenta «organische Lösungsmittel» gelagert waren. Anschließend stieg eine riesige Rauchwolke auf, Rußpartikel gingen auf nahe gelegene Ortschaften nieder. Unklar ist noch, welche Stoffe sich genau im Rauch befunden hatten. Die Stadt Leverkusen empfahl ihren Einwohnern unter anderem, kein Obst oder Gemüse aus dem Garten zu essen, auf dem sich Partikel abgelagert hatten.

Das LANUV erklärte, nach seinen Informationen seien in den betroffenen Tanks unter anderem chlorierte Lösungsmittel gelagert worden. «Die besondere Problematik bei Stoffen, die Chlor beinhalten, ist, dass bei einem Verbrennungsprozess Chlorverbindungen zu Dioxin- oder PCB-Verbindungen werden können», erläuterte ein Sprecher. «Wie hoch die Rückstände mit diesen Substanzen belastet sind, wird sich erst nach der Auswertung zeigen.» Die Untersuchungen seien aufwendig - vor Ende der Woche sei nicht mit Ergebnissen zu rechnen.

Grundsätzlich sei es so, dass Dioxine bei jedem Brandereignis in mehr oder weniger hohen Konzentrationen entstünden, so das Landesumweltamt. Verhaltensempfehlungen und Messungen hätten aktuell einen «starken präventiven Charakter». «Dioxine werden überwiegend über Nahrungsmittel im Körper angereichert. Daher gehen unsere Empfehlungen immer zuerst in Richtung einer Verzehrempfehlung, also Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten erst einmal nicht zu verzehren.»

Entscheidend ist die Frage nach der Konzentration der Stoffe. «Dioxin-, PCB- und Furanverbindungen werden durchaus in Zusammenhang gebracht mit Missbildungen bei Neugeborenen von Tieren, weniger beim Menschen, als Umweltöstrogene oder auch Krebs erregende Substanzen beim Menschen», sagte Daniel Dietrich, Leiter der Arbeitsgruppe Human- und Umwelttoxikologie an der Uni Konstanz, der Deutschen Presse-Agentur. «Aber - und das ist das große Aber - nur in hohen Konzentrationen. Und die liegen nicht vor, wenn das entsprechende Gebiet im Laufe der Zeit gereinigt und dekontaminiert wird.»

Die Stoffe klebten an Oberflächen, sagte er. «Sie springen einen nicht an, man müsste sie schon aktiv in den Körper transportieren - etwa, wenn man sich nach der Arbeit im Garten die Hände abschleckt.» Selbst wenn man von oben bis unten mit den Partikeln bedeckt wäre, könnte man diese ohne Gefahr mit Seife abwaschen. «Nach meiner Einschätzung besteht also keine akute Gefahr für die Bevölkerung, wenn sie sich an die Handlungsempfehlungen des Landesumweltamtes und der anderen involvierten Behörden hält», sagte Dietrich.

Da die endgültige Analyse noch aussteht, hält die Stadt Leverkusen ihre Empfehlungen an die Bürger aufrecht. Der Ruß sollte nicht in die Wohnung getragen werden. Neben Obst und Gemüse seien in den betroffenen Arealen etwa auch Gartenmöbel oder Pools zu meiden. Wer dringend im Garten arbeiten müsse, sollte dabei vorsorglich Handschuhe tragen. Die Spielplätze in den - nahe am Explosionsort gelegenen - Stadtteilen Bürrig und Opladen bleiben vorerst gesperrt. Bereits am Dienstag hatte die Kommune erklärt, Currenta werde «zeitnah die Straßen, Gehwege und Hauseingänge reinigen».

Am Unglücksort selbst ging die Suche nach den Vermissten weiter. Die Hoffnungen, Überlebende zu finden, schwanden aber auf ein Minimum. «Wir müssen leider davon ausgehen, dass wir die fünf Vermissten nicht lebend finden», sagte Currenta-Chef Frank Hyldmar. Es handele sich um vier Mitarbeiter seines Unternehmens und einen Mitarbeiter einer externen Firma.

Unfälle / Notfälle / Chemie / Leverkusen / Chempark / Explosion / Nordrhein-Westfalen
28.07.2021 · 18:41 Uhr
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