Bundesinnenministerium äußert rechtliche Bedenken zu Grenzvorschlägen der Unionsfraktion
Das Bundesinnenministerium hat erhebliche rechtliche Bedenken hinsichtlich des von der Unionsfraktion unterbreiteten Vorschlags, umfassende Zurückweisungen an deutschen Grenzen vorzunehmen. Fachleute des Ministeriums weisen darauf hin, dass Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) den EU-Mitgliedsstaaten zwar die Zuständigkeit für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit zusichere. Allerdings habe sich bisher kein EU-Mitgliedstaat erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf diesen Artikel berufen können.
Der EuGH hat in der Vergangenheit entschieden, dass ein Rückgriff auf Artikel 72 im Kontext des Schengener Grenzkodex unzulässig sei. Die Begründung liegt darin, dass der Schengener Grenzkodex bereits die legitimen Interessen der Mitgliedstaaten ausreichend berücksichtige und Ausnahmen im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit ermögliche.
Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU, hatte kürzlich betont, dass Zurückweisungen von Nicht-EU-Ausländern ohne Visum direkt an der Grenze mit geltendem Recht vereinbar seien. Dabei berief er sich unter anderem auf Artikel 72 des AEUV, sieht sich jedoch nun mit der rechtlichen Bewertung des Bundesinnenministeriums konfrontiert.