Bundesagrarminister Özdemir plant Einführung des "Tierwohlcent" als Finanzierung für bessere Tierhaltung
Der Bundesagrarminister Cem Özdemir möchte die aktuellen Bauernproteste nutzen, um eine verlässliche Finanzierung für eine bessere Tierhaltung auf den Weg zu bringen. Als Lösungsansatz schlägt er die Einführung eines "Tierwohlcent" vor, der bereits 2020 von einer Kommission um den früheren Agrarminister Jochen Borchert empfohlen wurde. Dieser Cent-Aufschlag auf tierische Produkte im Supermarkt soll die erhöhten Kosten für eine artgerechtere Tierhaltung abdecken.
Bisher hatte die FDP Einwände gegen den "Tierwohlcent", jedoch signalisierte sie angesichts der aktuellen Bauernproteste nun Offenheit. Özdemir betonte, dass das Modell für den "Tierwohlcent" schnell entwickelt werden könnte, jedoch bedürfe es eines klaren Bekenntnisses von Seiten der Ampel-Koalition und der Unterstützung der Opposition. Wer sich dagegen stellen würde, zeige der Landwirtschaft die rote Karte, so der Bundesagrarminister.
Die von der Borchert-Kommission empfohlene steigende Finanzierungslücke für den Umbau der Tierhaltung bis 2040 beträgt jährlich 3,6 Milliarden Euro. Um dieses Geld zu beschaffen, schlug die Kommission vor, eine mengenbezogene Abgabe auf tierische Produkte zu erheben. Mögliche Preisaufschläge für Supermarktkunden könnten etwa 40 Cent je Kilo Fleisch und Wurst, 2 Cent pro Kilo für Milch und Eier sowie 15 Cent pro Kilo für Käse und Butter betragen. Die Experten empfahlen außerdem, niedrige Einkommen sozialpolitisch zu unterstützen.
Özdemir betonte jedoch, dass die Preisaufschläge voraussichtlich geringer ausfallen würden, da die Tierwohlabgabe für alle Tierarten und Vertriebswege berechnet wurde. Derzeit plant die Koalition eine Anschubfinanzierung von einer Milliarde Euro bis 2026 für Stallumbauten und Mehrkosten bei der Schweinehaltung.
Umweltministerin Steffi Lemke betonte, dass die Menschen zwar nicht mehr für Fleisch zahlen möchten, das unter schlechten Bedingungen produziert wurde, jedoch eine Bereitschaft bestehe, einen kleinen Preisaufschlag für verbesserte Tierhaltung in Kauf zu nehmen.
Die Umsetzung des Borchert-Konzepts kommt überraschend, da die Kommission erst im Sommer ihre Arbeit eingestellt hatte, da die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung fehlten. Nun muss Özdemir die FDP und die Opposition überzeugen, damit der "Tierwohlcent" umgesetzt werden kann. Er warnte zudem, dass eine Ablehnung des "Tierwohlcent" auch eine Ablehnung der Tierhaltung in Deutschland bedeuten würde.
Die Union plant jedoch, am Donnerstag einen Antrag in den Bundestag einzubringen, der sich für eine Umsetzung der Empfehlungen der Borchert-Kommission ausspricht. Kritik kommt jedoch von Seiten des CSU-Landesgruppenchefs Alexander Dobrindt, der eine weitere Verteuerung von Lebensmitteln bei der aktuellen Inflation ablehnt. Er schlägt stattdessen eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel vor. (eulerpool-AFX)