Brisante Betriebsversammlung: Volkswagen Belegschaft wehrt sich gegen Sparkurs
Mit lautstarken Protesten hat die Belegschaft von Volkswagen in Wolfsburg ihren Unmut über die Sparpläne des Vorstands zum Ausdruck gebracht. Mehr als 16.000 Mitarbeiter nahmen an der Betriebsversammlung teil, bei der die Konzernspitze ihre umstrittenen Maßnahmen verteidigte. Daniela Cavallo, die Betriebsratsvorsitzende, versprach heftigen Widerstand gegen geplante Werkschließungen, Entlassungen und Lohnkürzungen.
Cavallo erklärte, dass die Belegschaft nicht die Verantwortung für die Krise übernehmen könne und machte die Konzernführung für die Misere verantwortlich. "Volkswagen krankt daran, dass der Vorstand seinen Job nicht macht," sagte Cavallo und appellierte an die Führung, ihrer Verantwortung für die VW-Standorte gerecht zu werden.
Die Konzernspitze verteidigte vehement ihren verschärften Sparkurs. Finanzchef Arno Antlitz betonte, dass VW dringend Mittel für neue Produkte benötige. "Wir geben in der Marke seit geraumer Zeit schon mehr Geld aus, als wir einnehmen. Das geht nicht gut auf die Dauer!" ergänzte er. Auch Markenchef Thomas Schäfer und Konzernchef Oliver Blume stellten sich klar hinter die Sparmaßnahmen und betonten die Notwendigkeit, die Marke VW wieder zu alter Größe zu führen.
In Anbetracht der finanziellen Lage schließt Europas größter Autobauer auch Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht länger aus. Dies könnte die erste Entlassungswelle bei VW seit 30 Jahren bedeuten. Welche Standorte konkret betroffen sein könnten, bleibt derzeit offen. Besonders außerhalb der Stammwerke in Wolfsburg machen sich Standorte in Sachsen und Niedersachsen große Sorgen.
Auf der Betriebsversammlung erklärte Finanzvorstand Antlitz, dass VW Verkaufszahlen in der Größenordnung von rund 500.000 Autos fehlten, was in etwa zwei Werken entspräche. Der Rückgang der Nachfrage nach Neuwagen in Europa sei ausschlaggebend, nicht interne Fehler.
Die Unsicherheit über mögliche Werkschließungen und den Personalabbau ist groß. Bisher hält sich der Konzern bedeckt über konkrete Zahlen und Maßnahmen. Der ehemalige Konzernchef Herbert Diess hatte einst von 30.000 abzubauenden Stellen gesprochen, intern kursiert derzeit eine Zahl von etwa 20.000 Stellen. Insgesamt beschäftigt VW in Deutschland 120.000 Mitarbeiter, davon mehr als die Hälfte in Wolfsburg.
Die geplanten Maßnahmen dürften auch die bevorstehende Tarifrunde im Herbst beeinflussen. Betriebsrätin Cavallo erwartet harte Verhandlungen und schließt auch Warnstreiks im Dezember nicht aus. Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil und seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg, die im Aufsichtsrat von VW sitzen, sprechen sich klar gegen Standortschließungen aus. Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte im VW-Konzern und hat bei wichtigen Entscheidungen ein Veto-Recht.