Bewertungsportal Jameda muss Daten einer Ärztin löschen

Karlsruhe (dpa) - Ihren Streit mit dem Ärztebewertungsportal Jameda hat eine Hautärztin aus Köln vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gewonnen: Das Portal muss die Daten der Dermatologin komplett aus seinem Verzeichnis löschen.

Die Richter entschieden an diesem Dienstag in Karlsruhe, Jameda habe die für Bewertungsportale gebotene Neutralität verlassen, weil es mit seinem Geschäftsmodell jene Mediziner begünstige, die sich dort Werbeplatz kaufen.

«Wir freuen uns, dass mit der Schutzgelderpressung seitens Jameda nun endlich Schluss ist», sagte dazu die Anwältin der Medizinerin, Anja Wilkat. Die Portalbetreiber müssen nun ihre Anzeigenprodukte gemäß der BGH-Vorgaben anpassen und für Gleichbehandlung von zahlenden und nicht zahlenden Ärzten sorgen (Az.: VI ZR 30/17). Die Bundesärztekammer begrüßte das Urteil ebenfalls: Portale sollten den Patienten Orientierung im Gesundheitswesen bieten «und sie nicht durch intransparente Werbeangebote verwirren», sagte Präsident Frank Ulrich Montgomery.

Die Kölner Ärztin war gegen ihren Willen auf Jameda geführt worden und musste auf ihrem Profil dort, als sogenannte Nichtzahlerin, Einblendungen der örtlichen Konkurrenz dulden. Die Ärzte hingegen, die sich als Premiumkunden von Jameda gegen Geld ausführlich und mit Foto präsentieren, waren bislang vor Werbung von Wettbewerbern auf ihrem Profil geschützt. Dieser Form der Zwei-Klassen-Behandlung unterband der BGH nun mit seinem Urteil. Auch andere Bewertungsportale müssen nun ihre Geschäftspraxis überdenken.

Das Portal reagierte noch am Dienstag prompt und entfernte die konkret beanstandeten Einblendungen. «Nach den uns derzeit vorliegenden Informationen der Bundesrichter besteht kein weiterer Handlungsbedarf», sagte eine Jameda-Sprecherin. «Wir begrüßen, dass eine Bewertung der Ärzte durch Patienten weiterhin grundsätzlich zulässig bleibt und den Patienten damit weiterhin eine wertvolle Entscheidungshilfe geboten werden kann», erklärte der Unternehmerverband Bitcom.

Jameda-Geschäftsführer Florian Weiß gab sich nach dem Richterspruch enttäuscht, aber gelassen. Der Löschanspruch nicht zahlender Ärzte bestehe nur solange, bis das Unternehmen seine Werbeanzeigen umgestaltet habe. «Wir erwarten keine Austrittswelle von Medizinern.» Die geforderte Änderung der Werbeangebote «ist für uns keine große wirtschaftliche Fragestellung».

Ein grundsätzlicher Anspruch, aus solchen Portalen entfernt zu werden, besteht laut BGH weiterhin nicht. Man halte an der Grundsatzentscheidung dazu aus dem Jahr 2014 ausdrücklich fest, betonte der Vorsitzende Richter Gregor Galke - «solange sich ein Bewertungsportal wie ein neutraler Informationsvermittler verhält».

Das sei hier aber gänzlich anders gewesen: Die auf dem Portal gegen Geld werbenden Ärzte hätten gegenüber der Klägerin und anderen nicht zahlenden Medizinern verdeckte Vorteile gehabt. Daher überwiege in diesem Fall das Grundrecht der Frau auf informationelle Selbstbestimmung das Recht von Jameda und Internetnutzern auf Meinungs- und Medienfreiheit.

«Das Urteil macht deutlich, dass die Meinungsfreiheit nicht jedes Geschäftsmodell rechtfertigen kann», sagte dazu Paetrick Sakowski, Experte für Wettbewerbsrecht. Kritische Bewertungen müssten sich Ärzte, Lehrer und Anwälte zwar weiterhin gefallen lassen - «der kommerziellen Verwendung ihrer Daten wurde durch das Urteil des BGH aber eine entscheidende Grenze gesetzt».

Der Erfolg der Ärztin könnte aber nur ein Pyrrhussieg sein, meint der Mannheimer Datenschutzexperten Steffen Henn. Sobald Jameda und andere Portale entsprechend reagiert haben, müsste es auch die Kölner Ärztin wieder dulden, dort geführt zu werden. Allerdings ist sie aus dem Portal nach Angaben der Jameda-Sprecherin ohnehin bereits verschwunden, «da sie ihre Praxis wohl aufgegeben hat».

Prozesse / Internet / Ärzte / Gesundheit / Urteile / Deutschland / Nordrhein-Westfalen
20.02.2018 · 20:19 Uhr
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