Bundestagswahl

Auf in den Wahlkampf: Was wollen die Parteien?

17. Dezember 2024, 18:49 Uhr · Quelle: dpa
Vor der Neuwahl geht es Schlag auf Schlag. Die Parteien präsentieren ihre Schwerpunkte. Deutlich werden Unterschiede – und Schnittmengen.

Berlin (dpa) - Wirtschaft, Wohnen, Waffenlieferungen: Vor der erwarteten Bundestagswahl am 23. Februar beginnen die Parteien mit Vorschlägen und Versprechen das große Buhlen um die Wählerinnen und Wähler. Union, SPD und Grüne stellten in Berlin ihre Wahlprogramme vor, auch die Ideen von FDP, AfD, Linken und Bündnis Sahra Wagenknecht sind weitgehend bekannt - mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten. 

Für die SPD setzt Kanzler Olaf Scholz auf gute Löhne und soziale Sicherheit. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz wirbt mit dem Vorschlag drastischer Steuersenkungen. Die FDP mit Spitzenkandidat Christian Lindner konzentriert sich auf die Wirtschaft. Den Grünen um Vizekanzler Robert Habeck geht es um die sozialverträgliche Gestaltung des Klimaschutzes. 

Die AfD um Kanzlerkandidatin Alice Weidel will - anders als alle anderen Parteien im Bundestag - einen Austritt aus der EU, dem Euro und dem Pariser Klimaabkommen. Die Linke mit dem Spitzenduo Jan van Aken und Heidi Reichinnek sieht niedrigere Mieten und Lebenshaltungskosten als Topthemen. BSW-Kanzlerkandidatin Sahra Wagenknecht verlangt ein Ende der Waffenhilfen für die Ukraine. Es gibt Schnittmengen, aber teils liegen die Positionen weit auseinander. 

Steuern und Schuldenbremse

Entlastungen versprechen alle politischen Kräfte. Die SPD will das für 95 Prozent aller Steuerzahler – ohne allerdings Details zu nennen. CDU und CSU wollen den Einkommensteuertarif schrittweise senken. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll erst bei höheren Einkommen greifen. Die Grünen wollen einen höheren Grundfreibetrag, bis zu dem keine Einkommensteuer anfällt. Die FDP nennt dafür die konkrete Zahl von mindestens 1.000 Euro. 

Den Solidaritätszuschlag möchten Union und FDP komplett abschaffen. Die SPD will ihn für die Reicheren behalten, die Grünen wollen ihn als Teil der Einkommensteuer. Die AfD ist für geringere Steuern beim Einkommen und höhere Steuerbefreiungen auf Kapitaleinkünfte (Sparerpauschbetrag). Zudem will sie eine Abschaffung der CO2-Abgabe, der Grundsteuer und der Erbschaftssteuer.

Die SPD stellt eine niedrigere Mehrwertsteuer für Lebensmittel in Aussicht, die Linke will diese Steuer für Grundnahrungsmittel sogar auf null senken. Zur Gegenfinanzierung wollen SPD und Grüne Menschen mit hohen Vermögen stärker zur Kasse bitten. Das wollen auch Linke und BSW.

An der Schuldenbremse scheiden sich die Geister: Union und FDP wollen daran festhalten – die SPD will Ausnahmen für Investitionen einführen, die Grünen solche ermöglichen, das BSW ebenfalls. Die Linke will die Bremse kippen.

Soziales und Mindestlohn

Mindestlohn 15 Euro: Das wollen SPD, Grüne, BSW und Linke. CDU/CSU stellen Ideen für «die Fleißigen» nach vorn, etwa steuerfreie Überstundenzuschläge. Mehr Arbeitsanreize will die Union auch bei Sozialleistungen. Das «Bürgergeld» will sie unter diesem Namen abschaffen und durch eine «Neue Grundsicherung» ersetzen, mit einem Schwerpunkt auf Vermittlung in Jobs. Wer nicht bereit zur Arbeit sei, solle die Grundsicherung gestrichen bekommen, heißt es bei der Union. 

Die Linke geht in die Gegenrichtung: Sie will das Bürgergeld zu einer «sanktionsfreien Mindestsicherung» machen in Höhe von 1.400 Euro monatlich für Alleinstehende inklusive Miete und Wohnkosten.

Rente

Rente ist für SPD, Grüne, BSW und Linke ein zentrales Thema. SPD und Grüne wollen das Rentenniveau bei 48 Prozent erhalten. Die Grünen schlagen zur Absicherung einen Bürgerfonds vor: Mit Darlehen und Eigenmitteln des Bundes soll nachhaltig und klimaverträglich in europäische und deutsche Unternehmen investiert werden. Die Erträge sollen zur Stärkung geringerer und mittlerer Renten benutzt werden. 

Linke und BSW verlangen bessere Leistungen der gesetzlichen Rente, auch um den Preis höherer Beiträge. Sie wollen alle einzahlen lassen, also auch Beamte, Abgeordnete oder Minister. 

Die Linke will das Rentenalter von 67 auf 65 Jahre senken - SPD, Grüne und Union wollen das nicht antasten. Einen «wirklich flexiblen Renteneintritt» verlangt die FDP. Außerdem hat sie erneut ihre Forderungen nach einer «individuelle Aktienrente» und nach einem «Altersvorsorgedepot für die private Altersvorsorge» in ihr Programm geschrieben.

Wirtschaft und Konjunktur

«Leistung muss sich wieder lohnen», heißt es bei der Union. Flexiblere Regeln, Vereinfachungen, weniger Bürokratie sollen Deutschland flotter machen. Als «Schutzschirm für unsere Wirtschaft» kündigt die Union Instrumente gegen Subventionen an, die den globalen Wettbewerb verzerren. Die FDP verlangt «tiefgreifende und strukturelle Reformen» für eine «echte Wirtschaftswende». Dazu zählt sie das Senken der Unternehmenssteuern auf unter 25 Prozent. 

Die SPD ist für einen sogenannten Deutschlandfonds, aus dem Strom- und Wärmenetze, Ladesäulen und Wohnungen gefördert werden sollen. Das Konzept eines kreditfinanzierten Deutschlandfonds vertreten auch die Grünen – etwa fürs Schienennetz, Kitas oder auch Innovationsanreize. Die Linke will laut Programm 20 Milliarden Euro im Jahr in gemeinnützigen Wohnraum investieren. 

Das BSW sieht in niedrigen Energiepreisen den Treiber der Konjunktur. Nach Wagenknechts Vorstellungen sollen der CO2-Preis abgeschafft, Subventionen für Erneuerbare gestrichen und mehr fossile Energie nach dem «Kriterium des niedrigsten Preises» importiert werden. 

Migration

Die Union will umgehend einen faktischen Aufnahmestopp für unberechtigt einreisende Migranten. Wer aus einem EU- oder Schengen-Staat für einen Asylantrag einreist, soll an der Grenze abgewiesen werden. Das BSW hat eine ähnliche Linie. «Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, hat kein Recht auf Aufenthalt», meint Wagenknecht. In dem Fall gebe es auch keinen Anspruch auf Leistungen.

Inhaltlich ähnlich, mit noch schärferen Worten ist die AfD am Start. Im Entwurf ihres Programms fordert sie: «Asylparadies Deutschland schließen» oder «Deutschland braucht eine umfassende Rückführungsoffensive».

Die SPD setzt sich zwar für «rasche wie konsequente Abschiebungen» ein, bevorzugt aber die freiwillige Rückkehr von Migrantinnen und Migranten ohne Bleiberecht. Die Grünen setzen auf eine «faire, verbindliche und solidarische Verteilung von Schutzsuchenden in Europa». Die FDP plädiert für eine «geordnete Migration» nach klaren Regeln. Die Linke will keine Beschränkungen beim Asyl.

Ukraine/Russland

Der Ukraine-Krieg ist für alle Parteien ein Thema. Die SPD will Waffenlieferungen an die Ukraine «mit Besonnenheit und Augenmaß» und «so lange wie nötig» fortsetzen. Sie ist aber gegen die Lieferung der von der Ukraine erbetenen Taurus-Marschflugkörper.

Unions-Kandidat Merz hat diese dagegen unter bestimmten Bedingungen in Aussicht gestellt. Der Ukraine versprechen CDU/CSU alle erforderliche Unterstützung. Nach einem Wahlsieg will die Union, dass Deutschland, Frankreich, Polen und England in Abstimmung mit den USA gemeinsam Sicherheitsgarantien für die Ukraine entwickeln. 

Im FDP-Programmentwurf heißt es, die Ukraine müsse sich gegen Abschussbasen und Nachschublinien auf russischer Seite mit weitreichenden Waffen verteidigen können. «Daher fordern wir die unverzügliche Lieferung des Marschflugkörpers Taurus.» 

Das BSW verlangt ein Ende der militärischen Unterstützung für die Ukraine. «Wir fordern die Streichung der Waffengelder aus dem Bundeshaushalt und endlich ehrliche Bemühungen um einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen», heißt es in einem Papier von Wagenknecht. Wie sie will auch die AfD das Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und die Rückkehr zu Gasimporten von dort.

Bundeswehr und Verteidigung

Die Union ist für eine aufwachsende Wehrpflicht. Die SPD lehnt eine Rückkehr zur Wehrpflicht ab, will aber einen «neuen, flexiblen Wehrdienst». Die Grünen wollen den freiwilligen Wehrdienst und die Reserve für eine breite Zielgruppe attraktiver machen. Die FDP will «die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Streitkraft in Europa» ausbauen.

Das BSW macht die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen zum Thema: Das lehnt Wagenknecht strikt ab. Das sieht die Linke genauso. Diese fordert zudem, die Nato durch «eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur für Europa» zu ersetzen. Auch die AfD will langfristig eine Alternative zur Nato entwickeln.

Partei / Wahl / Bundestag / #btw25 / Deutschland / Gesamtzusammenfassung
17.12.2024 · 18:49 Uhr
[8 Kommentare]
Vereinte Nationen (Archiv)
New York - Die Präsidentin der UN-Vollversammlung, Annalena Baerbock, wirbt für eine Frau an der Spitze der Vereinten Nationen. Männer und Frauen hätten "die gleichen Rechte und sollten somit auch die gleichen Chancen haben, Generalsekretärin zu werden", sagte die frühere deutsche Außenministerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). "Und da ist schwer zu erklären, warum es in […] (02)
vor 55 Minuten
Finnische Autofokus-Brille in letzter Entwicklungsphase – bald wieder Sehen ohne Grenzen?
So ziemlich jeder wird mit steigenden Alter weitsichtig. Und weil ein bedeutender Anteil der Bevölkerung dazu auch noch kurzsichtig ist, hilft die »normale« Brille dann nicht mehr weiter. Eine teure (und für viele Leute auch nervige) Gleitsichtbrille muss her – oder man endet in einem ständigen Brillenwechsel zwischen Lese- und Fernsicht. Wie schön wäre eine Brille, die sich selbst fokussiert! […] (00)
vor 2 Stunden
Review: Turtle Beach Vulcan II TKL Pro – Ein Stern unter den TKL Tastaturen
Die Turtle Beach Vulcan II TKL ist eine Tastatur, die sich nicht nur durch ihr kompaktes Tenkeyless-Design auszeichnet, sondern auch durch eine Vielzahl an Features, die sie von der Konkurrenz abheben. In diesem erweiterten Review gehe ich noch detaillierter auf die Stärken ein, stelle die wichtigsten Mitbewerber im direkten Vergleich vor und beleuchte die Möglichkeiten der Swarm II Software […] (00)
vor 1 Stunde
Review: Turtle Beach Burst II Pro – Gaming Maus oder graues Mäuschen
Die Turtle Beach Burst II Pro will nicht „nur“ schnell sein, sondern konsistent schneller und präziser als das, was du gewohnt bist. Das merkt man schon an der Architektur: echte 8K‑Wireless‑Polling‑Rate, ein Sensor, der nach oben wie nach unten ungewöhnlich fein skaliert, sowie ein konsequent leichtes, symmetrisches Gehäuse ohne Hohlraum-Skelet-Design. Dazu kommt eine Software, die nicht bloß […] (00)
vor 1 Stunde
Neuer Einsatz für Frank Koops: «Harter Brocken» am 25. Dezember
Der Weihnachtskrimi mit Aljoscha Stadelmann und Anna Fischer soll an den Festtagen gute Quoten holen. Am 25. Dezember um 20: 15 Uhr feiert der neue Film der beliebten Reihe Harter Brocken Premiere. In „Die Erpressung“ muss Dorfpolizist Frank Koops (Aljoscha Stadelmann) diesmal einen besonders undurchsichtigen Fall lösen – mit Verbindungen zu ehemaligen DDR-Agenten, tödlichen Geheimnissen und einem Fall, der weit über das beschauliche […] (00)
vor 5 Stunden
Hamburger SV - SV Werder Bremen
Hamburg (dpa) - Das erste Bundesliga-Nordderby seit fast acht Jahren endete fast im Tumult. Weil einige Ersatzspieler des Hamburger SV das 3: 2 (1: 0) gegen Werder Bremen provokativ vor der Bank des ewigen Rivalen feierten, gingen die Profis beider Clubs auch nach dem Abpfiff noch einmal aufeinander los. Auch HSV-Trainer Merlin Polzin musste dabei helfen, diese Traube wieder aufzulösen. Danach […] (01)
vor 48 Minuten
Swiss Re hebt die Messlatte für 2026 – und verspricht mehr Geld für Aktionäre
Der Schweizer Branchenriese rechnet 2026 mit einem Nettogewinn von 4,5 Milliarden Dollar. Damit liegt die Zielmarke leicht über dem Anspruch für das laufende Jahr, für das Swiss Re bislang „mehr als 4,4 Milliarden Dollar“ in Aussicht gestellt hatte. Mehr Ausschüttung, mehr Disziplin Die Kapitalseite spielt in der neuen Planung eine zentrale Rolle. Swiss Re will die reguläre Dividende je Aktie in […] (00)
vor 43 Minuten
Neuer ZVO-Stipendiat an der TU Ilmenau
Hilden, 07.12.2025 (PresseBox) - Janos Lörincz absolvierte zunächst ein Chemie-Studium (B.Sc.) an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Daran schloss sich ein Lehramtsstudium in den Fächern Chemie und Geschichte an, ebenfalls an der Johannes Gutenberg-Universität. Im Oktober 2025 begann er das Masterstudium der Elektrochemie und Galvanotechnik an der TU Ilmenau. Sein Interesse für Chemie […] (00)
vor 9 Stunden
 
BSW-Bundesparteitag
Magdeburg (dpa) - Für die von Sahra Wagenknecht gegründete Partei BSW beginnt eine neue Zeit: […] (06)
Julian Justvan (Archiv)
Dortmund - Zum Abschluss des 15. Spieltags der 2. Bundesliga haben sich der 1. FC Nürnberg und […] (01)
Autoproduktion (Archiv)
Berlin - VDA-Präsidentin Hildegard Müller hat Deutschland und Europa zu einer engeren […] (00)
Kanzler Merz in Israel
Jerusalem (dpa) - Bundeskanzler Friedrich Merz und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu […] (00)
ARC Raiders: Expedition wirft alles über den Haufen – Dezember-Update löscht deinen Fortschritt
ARC Raiders bereitet sich auf einen der spannendsten Momente seit dem Launch vor. Am 17. […] (00)
Fußball-WM 2026 - Auslosung Vorrunde
Washington (dpa) - Nach einem amerikanischen WM-Crashkurs mit der umstrittenen FIFA-Huldigung […] (01)
Pokerspiel der großen KI-Modelle – 5 Tage und 1 Sieger: Wer hat gewonnen?
Treten 9 künstliche Intelligenzen im Poker gegeneinander an … Was wie ein Witz klingt, ist […] (00)
Wenig Interesse für Vormittags-Bundestag - starke Zahlen für WM-Auslosung
Im Ersten und Zweiten gab es gestern zwei Programmierungen, die dem Sendeplan nicht unbedingt entsprechen […] (00)
 
 
Suchbegriff