Anti-deutsche Ressentiments in Griechenland

Athen/Berlin (dpa) - In Griechenland kochen im Zuge der schweren Finanzkrise weiter anti-deutsche Emotionen hoch.

Im Parlament in Athen forderten Abgeordnete der kommunistischen und der ultra-konservativen Opposition am Freitag, die Regierung müsse von Deutschland Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg einfordern. Eine Verbraucherorganisation (INKA) rief zu einem Boykott deutscher Produkte in Griechenland auf. Für eine Überraschung sorgte ein Besuch des Chefs der Deutschen Bank, Josef Ackermann, beim griechischen Regierungschef Giorgos Papandreou.

Vize-Regierungschef Theodoros Pangalos hatte Deutschland bereits am Mittwoch vorgeworfen, im Zweiten Weltkrieg griechisches Gold gestohlen und damit die Wirtschaft ruiniert zu haben. Papandreou versuchte derweil, die Wogen zu glätten und kündigte zugleich einen Besuch in Berlin in der kommenden Woche an.

Die Bundesregierung wies die Vorwürfe energisch zurück, die Entschädigungszahlungen Deutschlands seien nicht vollständig geklärt. Die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach bekräftigte die Position, wonach Deutschland seinen Reparations-Verpflichtungen nachgekommen sei. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Papandreou kommen am nächsten Freitag in Berlin zu Gesprächen zusammen. Themen bei dem Antrittsbesuch Papandreous seien bilaterale, europa-politische sowie internationale Fragen. Sicher würden auch aktuelle Ereignisse erörtert, hieß es.

Papandreou wies den Vorwurf zurück, er fordere von Deutschland nicht tatkräftig genug Kriegsreparationen ein. «Wenn wir dies (die Reparationen) heute auf die Tagesordnung setzen würden, dann würden viele es als eine neue Ausrede, einen neuen Versuch interpretieren, von unseren Problemen abzulenken.» Griechenland müsse seine Probleme mit Hilfe seiner Partner in der EU lösen.

Mit seinen Äußerungen distanzierte sich Papandreou von seinem Vize Pangalos, der Deutschland in einem Interview mit der britischen BBC vorgeworfen hatte, die griechische Wirtschaft ruiniert und tausende Menschen während der Nazi-Besatzung ermordet zu haben. «Sie haben das griechische Gold weggenommen, das in der Bank von Griechenland lag, sie haben griechisches Geld weggenommen, und sie haben es nie zurückgezahlt», sagte Pangalos.

Papandreou stimmte seine Landsleute derweil auf weitere, noch schmerzhaftere Sparmaßnahmen ein. Er rief alle Griechen auf, «nur noch ans Überleben des Vaterlandes» zu denken. Griechische Medien schrieben am Freitag, in dem nächsten Tagen werde «ein Hagel von Sparmaßnahmen» auf die Griechen niedergehen.

In Athen fanden am Freitag intensive Gespräche darüber statt, wie das Land vor einem Staatsbankrott bewahrt werden kann. Der griechische Rundfunk (NET) berichtete, Deutsche-Bank-Chef Ackermann habe darüber mit Regierungschef Papandreou und Experten der griechischen Banken gesprochen. «Kein Kommentar», sagte Ackermann Reportern nach dem Treffen mit Papandreou im Parlament. Die Ankunft Ackermanns wurde zunächst streng geheim gehalten.

Die Regierung in Athen muss in den nächsten drei Jahren die maroden Staatsfinanzen wieder in Ordnung bringen. Griechenland ist derzeit das schwächste der insgesamt 16 Euro-Länder. Das Land hatte in den vergangenen zehn Jahren das wahre Ausmaß seiner Schulden und Defizite verschleiert. Das tatsächliche Haushaltsloch beträgt derzeit 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), was haushoch über dem in der EU erlaubten Anteil von maximal 3 Prozent liegt. Griechenland hat zudem mehr als 300 Milliarden Euro Schulden. Mit dem «Schock-Sparplan» will die Regierung nun die drohende Zahlungsunfähigkeit des Landes abwenden.

EU / Finanzen / Griechenland / Deutschland
26.02.2010 · 17:34 Uhr
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