Analyse: Weniger Geld für junge Familien

Berlin (dpa) - Junge Familien sollen künftig weniger Geld vom Staat bekommen - auf besonders starke Einschnitte müssen sich wohl die Ärmeren unter ihnen einstellen. Das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger von bisher 300 Euro pro Monat soll nach den Sparplänen der Bundesregierung wegfallen.

«Ein verheerendes Signal», findet Siegfried Stresing vom Deutschen Familienverband. Für die Besserverdienenden sind die Einbußen moderater. Dennoch findet auch Bildungsökonomin Prof. Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): «Das Prestigeprojekt der deutschen Familienpolitik ist angekratzt.»

Berlin, Hauptstadt der Alleinerziehenden und Hartz-IV-Empfänger, wäre von den Kürzungen besonders betroffen. Ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen wächst hier bei nur einem Elternteil auf, und mit einem Hartz-IV-Empfänger-Anteil von 17 Prozent hält Berlin bundesweit einen traurigen Spitzenplatz. «Dass von den Sparplänen gerade Familien und Hartz-IV-Empfänger betroffen sind, ist eine Katastrophe - bundesweit und auch für Berlin», sagt Peter Ruhenstroth-Bauer, Vorsitzender des Familienbeirats des Berliner Senats.

Wie knapp hier in vielen Familien das Geld ist, zeigt allein der steigende Zulauf, den die öffentlichen «Tafeln» in der Hauptstadt und Hilfsprojekte speziell für Kinder - wie «Die Arche» mit ihren kostenlosen Essensangeboten - haben. «Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl der Kinder bei uns weiter steigern wird, denn den Familien fehlt dann noch mehr Geld», sagt Wolfgang Büscher, Sprecher der «Arche», wo in Berlin jeden Tag über 500 Kinder Essen bekommen.

Für arme Familien schlägt zusätzlich zu Buche, dass beim Wohngeld künftig auch Heizkostenzuschüsse - die bislang nach Personenzahl im Haushalt gezahlt wurden - wegfallen. Viele Alleinerziehende mit kleinen Kindern dürften schmerzlich spüren, wenn die Zuschläge beim Übergang vom Arbeitslosengeld I zu II ersatzlos gestrichen werden.

Vor allem Besserverdiener-Eltern stehen im Vergleich besser da: Ihr Elterngeld, gezahlt für zwölf bis vierzehn Monate, beläuft sich künftig ab 1240 Euro Monats-Nettoeinkommen zwar nur noch auf 65 statt 67 Prozent. Aber die Höchstgrenze von 1800 Euro Elterngeld wird den Plänen zufolge nicht gekappt. Frauen, die zwischen 1000 und 1800 Euro netto nach Hause bringen, werden da eher zu rechnen haben. «Trotzdem glaube ich nicht, dass die Geburtenzahlen durch diese Zwei- Prozent-Kürzung nach unten gehen», sagt Spieß. «Das zu behaupten ist Augenwischerei. Kritischer sieht es jedoch in der Tat für die Hartz- IV-Empfänger aus.»

Das Argument, durch den höheren Lohnabstand wieder mehr arbeitslose Menschen zur Arbeit zu animieren, sei andererseits jedoch «auch nicht komplett abstrus», urteilt Bildungsforscherin Spieß. «Allerdings ist das nur ein Teil der Medaille: Denn wer arbeiten gehen will, der braucht auch Arbeitsplätze und frühzeitig Betreuungsmöglichkeiten für sein Kind.»

Dass der Ausbau der Kinderbetreuung von den Sparplänen nicht angetastet wird, ist deshalb für die Experten wichtig und unverzichtbar. Allerdings sei hier angesichts der Arm-Reich-Schere noch Luft nach oben: «Wir müssen Bildung in den öffentlichen Raum verlagern, brauchen noch mehr Pädagogen und kostenloses Schulessen», fordert Büscher. Auch Spiess sieht hier Handlungsbedarf: «Das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger ist ein mögliches Modul. Wichtiger ist jedoch, nach dem Verfassungsgerichtsurteil nun die Leistungen für Kinder auch von Hartz-IV-Empfängern allgemein neu zu regeln.»

Haushalt / Steuern / Soziales / Familie
09.06.2010 · 11:22 Uhr
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